Rn 6

Ob ein mit Rechtsbindungswillen abgegebenes Angebot vorliegt oder nur eine unverbindliche Aufforderung zur Abgabe eines solchen durch den anderen Teil (invitatio ad offerendum) ist Auslegungsfrage. Abzustellen ist wie stets bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen auf den objektiven Empfängerhorizont, §§ 133, 157 (vgl BGHZ 160, 393, 397 = NJW 04, 3700 Vertragsschluss bei Postident-Verfahren). Hierbei ist auf Seiten des Erklärenden zu berücksichtigen, ob ein Bindungswille etwa an Vorbehalten hinsichtlich der eigenen Leistungsfähigkeit oder Leistungsbereitschaft scheitert (so uU bei Auslegung von Waren im Schaufenster, für die nicht zwingend angenommen werden kann, dass der Aussteller gerade diese Stücke verkaufen will, Neuner AT § 37 Rz 7). Auch Kataloge, Preislisten oder Speisekarten im Restaurant stellen daher noch keine Angebote dar. Im Bereich des e-commerce ist zu differenzieren zwischen solchen Systemen, die eine Online-Überprüfung der Produktbestände vornehmen (dann Angebot, Erman/Armbrüster Rz 7; aA enger Hoeren/Sieber/Holznagel/Kitz, Hdb Multimedia-Recht, 13.1. Rz 178 ff), und solchen, die eher einem elektronischen Katalog ähneln.

 

Rn 7

Umgekehrt ist auf Seiten des Empfängers zu berücksichtigen, ob sich dieser auf die Rechtsverbindlichkeit der Erklärung verlassen durfte, weil für ihn ein besonderes Interesse an der vertraglichen Bindung schon im Moment seiner (Annahme-)Erklärung bestand, das für den anderen Vertragsteil erkennbar war. Dies dürfte etwa bei der Reservierung von Hotelzimmern der Fall sein (Ddorf NJW-RR 91, 1143 [OLG Düsseldorf 02.05.1991 - 10 U 191/90]; LG Frankfurt NJW-RR 06, 54 [LG Frankfurt am Main 18.08.2005 - 2-01 S 52/04]). Auch darf derjenige, der bereits eine invitatio ad offerendum abgegeben hat, damit rechnen, dass der andere Teil nicht seinerseits wiederum nur mit einer solchen antwortet. Die Antwort wird er vielmehr regelmäßig als Angebot verstehen dürfen (BGH NJW 84, 1885 f [BGH 08.03.1984 - VII ZR 177/82]). Des Weiteren werden Abmahnschreiben eines Wettbewerbers mit vorformulierten, strafbewehrten Unterlassungserklärungen als Angebot gewertet (BGHZ 121, 13, 16 = NJW 93, 722; BB 17, 1675; Staud/Bork Rz 13).

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