Rn 25

Widerspricht der objektive Inhalt eines Rechtsgeschäfts grundlegenden Wertvorstellungen, tritt die Sittenwidrigkeit ohne Rücksicht auf die Vorstellung der am Rechtsgeschäft beteiligten Personen ein (BGHZ 94, 272; BGH NJW 89, 26, Schmiergeldzahlung; BGH WM 12, 458 Tz 21, Förderung einer Straftat; BGH NJW 94, 188, Titelkauf; Missbrauch Vertretungsmacht, BGH NJW 08, 1225 [BGH 07.12.2007 - V ZR 65/07] Tz 19). Ein zu missbilligender Inhalt kann sich aus der Gestaltung, dem angestrebten Erfolg (Tötung eines anderen) oder den Konsequenzen des Rechtsgeschäfts ergeben (Erman/Schmidt-Räntsch § 138 Rz 17). Je nach Einzelfall kann sich die Sittenwidrigkeit bereits aus einem dieser Elemente oder aus einer Kombination mehrerer Elemente und deren Summenwirkung ergeben (BGH NJW 22, 3147 Rz 32). Bezwecken die Parteien, einen Dritten zu täuschen und einer Partei ihr nicht zugedachte Rechte zu verschaffen oder den Dritten an der Wahrnehmung seiner Rechte zu hindern, kann die Vereinbarung allein wegen dieses Zwecks sittenwidrig sein (BGH WM 12, 458 Tz 21). IRd ›Diesel-Skandals‹ über die eingesetzte Software zur Manipulation der Motorensteuerung hat die höchstrichterliche Rspr iRv § 826 eine objektive Sittenwidrigkeit angenommen (BGHZ 225, 316 Rz 63; NJW 21, 918 [BGH 17.12.2020 - VI ZR 739/20]).

 

Rn 26

Geschäfte, die eine höchstpersönliche Entscheidung einer rechtlichen Bindung unterwerfen, sind sittenwidrig. Nichtig ist daher eine Verpflichtung, nicht zu heiraten (BAG AP 1 zu Art 6 I GG Ehe und Familie). Auch im Bereich des kirchlichen Arbeitsrechts verstoßen Eheverbotsklauseln gegen fundamentale Prinzipien der Grundrechtsordnung und sind sittenwidrig (aA BAG NZA 85, 216). Unwirksam ist das Versprechen, die Konfession bzw Staatsangehörigkeit zu wechseln oder ein Zeugnisverweigerungsrecht auszuüben (Soergel/Hefermehl Rz 21). Zu dieser Fallgruppe wird auch das Versprechen der Empfängnisverhütung gerechnet (vgl BGHZ 97, 372, 379), wenn es sich überhaupt um eine rechtsgeschäftliche Erklärung handelt (Vor §§ 116 ff Rn 16). Die Fälle der von beiden Partnern nicht gewünschten Schwangerschaft können so jedoch nur unzureichend erklärt werden. Unwirksam ist vielmehr, die Verantwortung für die Familienplanung einseitig zu übertragen.

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