Rn 16

Wer eine Urkunde ungelesen und in Kenntnis ihrer Rechtserheblichkeit, aber ohne Bewusstsein ihres Inhalts unterschreibt, kann idR nicht anfechten (BGH NJW 68, 2103; 99, 2665; 02, 957). Grds gilt dies auch für der deutschen Sprache Unkundige (BGHZ 87, 114; BGH NJW 14, 1242 Tz 8; Köln VersR 00, 244), Lese- und Schreibunkundige (LG Köln WM 86, 822) und diejenigen, die den Erklärungsinhalt nicht verstanden haben (Köln VersR 00, 244 [OLG Köln 01.07.1998 - 27 U 6/98]). Zu erwägen ist aber ein Anspruch aus §§ 280 I, 311 II Nr 1, 241 II. Besaß der Erklärende eine – wenn auch unzutreffende – Vorstellung über den Erklärungsinhalt, kommt eine Anfechtung in Betracht (BGH NJW 95, 191; 17, 1660 [BGH 15.02.2017 - VIII ZR 59/16]; AG München 18.6.14, 271 C 30721/13, becklink 1035416, vergessene Brille). Ein Irrtum gem § 119 I Alt 2 liegt vor, wenn Urkunden verwechselt werden. Ein Irrtum nach § 119 I Alt 1 liegt vor, falls eine unrichtige Vorstellung herrscht, weil etwa eine im notariellen Vertrag eingefügte Klausel beim Verlesen überhört (BGHZ 71, 263) oder eine vom Gegner angefertigte Urkunde in der irrigen Annahme unterzeichnet wird, sie stimme mit den Vertragsverhandlungen überein, obwohl sie abw Erklärungen beinhaltet. Enthält eine arbeitsrechtliche Ausgleichsquittung die Erklärung, weitere Rechtsansprüche bestünden nicht mehr, und versteht der ArbN dies nur als Quittung für den restlichen Arbeitslohn und den Empfang der Papiere, kann er seine Erklärung wegen des Verzichts auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage anfechten (BAG NJW 71, 640 [BAG 27.08.1970 - 2 AZR 519/69]).

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