Rn 7

Da das BGB von der Geschäftsfähigkeit als Regel ausgeht, stellt die Geschäftsunfähigkeit im Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung die zu beweisende Ausnahme dar. Das gilt für § 104 Nr 1 und 2 gleichermaßen (BGH NJW 72, 681; BayObLG Rpfleger 82, 286; Ddorf MDR 13, 702 [BGH 21.02.2013 - V ZB 15/12]; BGH, NJW-RR 18, 1091 [BGH 09.05.2018 - XII ZB 577/17]). Steht ein krankhafter Zustand nach § 104 Nr 2 fest, sind lichte Augenblicke vom Gegner zu beweisen (BGH NJW 88, 3011 [BGH 11.03.1988 - V ZR 27/87]; Karlsr OLGZ 82, 280).

 

Rn 8

Die Prozessfähigkeit hat das Gericht in jeder Lage des Verfahrens vAw zu prüfen und hierüber Beweis zu erheben (BGH NJW 96, 1059). Dies erfolgt regelmäßig, aber nicht zwingend durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (BGH, NJW-RR 20, 1011 [BGH 29.04.2020 - XII ZB 242/19] Rz 15; NJW 21, 63 Rz 14). Wird sachverständige Hilfe in Anspruch genommen, hat das Gericht die Geschäftsfähigkeit unter krit Würdigung des Sachverständigengutachtens festzustellen; wobei es etwa mit Blick auf die rechtliche Frage, ob eine Person für einfachere Geschäfte partiell geschäftsfähig ist, auch zu Abweichungen von der medizinischen Bewertung kommen kann (BGH NJW 21, 63 [BGH 29.07.2020 - XII ZB 106/20] Rz 18). Die Partei, welche sich auf Geschäftsunfähigkeit und damit Prozessunfähigkeit beruft, zwar die Darlegungslast, nicht aber die Beweislast. Es genügt der Vortrag konkreter Anhaltspunkte für eine mögliche Geschäftsunfähigkeit (BGH ZInsO 22, 1674 Rz 15). Substantiiert dargelegt ist die Prozessunfähigkeit dann, wenn das Gericht auf der Grundlage des Klägervorbringens vom Vorliegen des § 104 Nr. 2 ausgehen muss; auf die Wahrscheinlichkeit des Vortrags kommt es nicht an (BGH MDR 17, 783 Rz 13). Kann nach Ausschöpfung sämtlicher Beweismittel nicht mit Gewissheit festgestellt werden, ob eine Partei prozessfähig ist, so gilt sie als prozessunfähig. Gegen sie darf kein Sachurteil ergehen (BGH 18, 184, 190; NJW-RR 86, 157 [BGH 10.10.1985 - IX ZR 73/85]). Der nachträgliche Eintritt der Prozessunfähigkeit beseitigt die ursprünglich wirksam erteilte Prozessvollmacht nicht.

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