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Die Parteivernehmung ist ein zwar subsidiäres, jedoch vollwertiges Beweismittel. Zweck der Parteivernehmung ist es, die Wahrnehmungen der Parteien über streitige Tatsachen einer förmlichen Beweisaufnahme zugänglich zu machen. Regelmäßig sind die Parteien am besten über den im Prozess zu verhandelnden Sachverhalt informiert; nicht selten verfügen sie als einzige über unmittelbare Kenntnisse. Insofern ist die Parteivernehmung eine wertvolle Erkenntnisquelle. Da die Partei aber naturgemäß am Ausgang des Verfahrens in höchstem Maße interessiert ist, wird der Wert ihrer Vernehmung eher krit und die Parteiaussage generell als unzuverlässiges Beweismittel gesehen (Schneider Beweis S 331). Die Zurückhaltung des Gesetzes und das Misstrauen in der Gerichtspraxis ggü dem Parteibeweis beruhen auf der Erwägung, dass es der beweispflichtigen Partei grds verwehrt sein soll, ihrer Beweislast durch eigene Bekundungen zu genügen. Eine generelle Qualifizierung als Beweismittel minderen Werts ist jedoch nicht gerechtfertigt. Parteistellung und Interesse am Prozessausgang müssen nicht notwendigerweise zusammenfallen. Denn oft ist die Abgrenzung zwischen Partei und Zeuge problematisch und die Einordnung von Zufälligkeiten abhängig. So ist es eher zufällig, ob bei Verhandlungen ein (als Partei zu vernehmender) gesetzlicher Vertreter der Partei oder ein leitender Angestellter, der als Zeuge aussagen könnte, beteiligt war. Zur Behebung oder Abschwächung solcher prozessualer Schieflagen werden seit jeher Kunstgriffe eingesetzt (Drittwiderklage, Forderungsabtretung, um eine Zeugenstellung auszuschließen oder zu schaffen). Dies zeigt, dass bei der Bewertung der Tauglichkeit von Beweismitteln eine starke Abstufung zwischen Partei- und Zeugenvernehmung nicht berechtigt ist. Zu Recht wird auch eine stärkere Beteiligung der Partei bei der Sachaufklärung im Prozess gefordert (Lange NJW 02, 476). Während hierüber weitgehend Einigkeit herrscht, ist die Notwendigkeit einer Erweiterung bzw Erleichterung der Parteivernehmung, insb der Vernehmung vAw, nach wie vor umstr (befürw St/J/Berger vor § 445 Rz 5; Gehrlein ZZP 97, 451; Kwaschik S 293 ff; Effer-Uhe S 254 ff; abl Wieczorek/Schütze/Völzmann-Stickelbrock Vor § 445 Rz 8).

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