Rn 80

Der verfassungsrechtliche Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art 101 I 2 GG) garantiert im Zusammenhang mit den Regeln über die Zuständigkeit und die Geschäftsverteilung die genaue Festlegung des zur Entscheidung des jeweiligen Gerichtsfalles vorgesehenen Spruchkörpers. Trotz dieser Festlegung gibt es in unterschiedlicher Weise eine ergänzende Gerichtskontrolle durch Richtervorlagen. Innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist zunächst vorgesehen, dass in Fällen, in denen ein Zivilsenat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Zivilsenats des BGH abweichen will, eine Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen vorgesehen ist (§§ 132, 138 GVG). Eine Vorlage an den Großen Senat kommt auch in Betracht, wenn eine Frage von grds Bedeutung ansteht (§ 132 IV GVG). Liegt eine Divergenz zwischen verschiedenen obersten Gerichtshöfen des Bundes vor, so kommt in dieser Rechtsfrage eine Vorlage an den gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in Betracht (Art 95 III GG iVm G zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rspr vom 19.6.68, BGBl I 661). Hält ein Zivilgericht eine Norm, auf deren Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, hat das Gericht im Rahmen der konkreten Normenkontrolle die Frage dem BVerfG gem Art 100 GG zur Entscheidung vorzulegen. Ist iRe konkreten anhängigen Verfahrens vor einem deutschen Gericht eine Frage der Auslegung des EU-Vertrags, der Gültigkeit oder Auslegung von Handlungen der Organe der EU sowie des gesamten sekundären Unionsrechts im Streit, so ist iRe Vorabentscheidungsverfahrens die Frage gem Art 267 AEUV dem EuGH in Luxemburg vorzulegen.

In allen genannten Fällen der Richtervorlage ist das anhängige Verfahren vom vorlegenden Gericht auszusetzen und die Rechtsfrage isoliert vorzulegen. Eine Übertragung der Entscheidungskompetenz über den gesamten Fall kommt nicht in Betracht. Das zur Entscheidung berufene Gericht ist in allen Fällen an die Entscheidung der Rechtsfrage durch das zur Richtervorlage berufene Gericht gebunden.

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