Rn 58

Ebenso wie bei der Gesetzesauslegung gelten auch iRd sog richterlichen Rechtsfortbildung für das Zivilprozessrecht die allg anerkannten methodischen Grundsätze. Unter richterlicher Rechtsfortbildung versteht man die Aufstellung neuer abstrakter Obersätze durch den Richter, die in dieser Weise im geschriebenen Gesetzesrecht oder im Gewohnheitsrecht nicht vorhanden sind. Die Erforderlichkeit richterlicher Rechtsfortbildung iE und ihre Zulässigkeit ist allg anerkannt. Methodisch setzt eine solche Rechtsfortbildung nach wertungsmäßiger Einschätzung eine offene oder verdeckte Gesetzeslücke voraus. Zur Ausfüllung solcher Gesetzeslücken kommen va die Analogie, der Umkehrschluss und die teleologische Reduktion oder Extension in Betracht. Weiterhin sind bei der Rechtsfortbildung die Grenzen verfahrensrechtlicher Leistungsfähigkeit zu beachten. Typische Ausprägungen richterlicher Rechtsfortbildung im Zivilprozess sind die praeter legem entwickelten Rechtsinstitute der gewillkürten Prozessstandschaft, der Parteiänderung und der einseitigen Erledigungserklärung, ferner die Durchbrechung der materiellen Rechtskraft durch eine Klage gem § 826 BGB, darüber hinaus generell alle sog außerordentlichen Rechtsbehelfe (soweit solche überhaupt anzuerkennen sind). Denn es werden sämtliche rechtsfortbildend entwickelten ungeschriebenen Rechtsbehelfe seit der Plenarentscheidung des BVerfG vom 30.4.03 nicht mehr anerkannt (BVerfGE 107, 395; dazu insgesamt Prütting FS Adomeit 08, 571).

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