Rn 28

Der Zivilprozess ist vom Beibringungsgrundsatz geprägt. Es sind also allein die Parteien, die den tatsächlichen Stoff in der mündlichen Verhandlung vortragen. Das Gericht ist an diesen Vortrag gebunden und darf seiner Entscheidung nur die vorgebrachten Tatsachen zugrunde legen. Die Behauptung eines von den Parteien nicht vorgetragenen Sachverhalts durch das Gericht verstößt zugleich gegen Art 103 I GG (BGH NZG 09, 21). Die Parteien entscheiden ferner über die Notwendigkeit eines Beweises, indem sie Behauptungen entweder bestreiten oder durch ein Geständnis (§ 288) oder durch Nichtbestreiten (§ 138 Abs 3) das Gericht binden. Bei der Frage, wer die Beweisaufnahme veranlasst, ist zu trennen: der Zeugenbeweis wird nur auf Antrag durchgeführt, alle übrigen Beweise können (nicht: müssen) auch vAw erhoben werden (§§ 142, 143, 144, 448). Keine Durchbrechung des Beibringungsgrundsatzes stellt § 139 dar, der in allen seinen Varianten dem Gericht zwar auferlegt, die Parteien hinzuweisen, sie aufzuklären, Fragen zu stellen und die Probleme mit den Parteien zu erörtern. Diese sog materielle Prozessleitung erfasst aber nicht eine Ermittlung des Sachverhalts vAw oder ein Einbringen von Prozessstoff durch das Gericht in den Prozess (Prütting FS Musielak 04, 397). Ebenso wenig darf der Richter privates Wissen im Prozess verwerten.

Typische Ausprägung der Verhandlungsmaxime (Beibringungsgrundsatz) war früher ein Umkehrschluss aus § 616 I (Untersuchungsgrundsatz in Ehesachen). Der Sache nach ergibt sich heute eine vergleichbare Regelung aus § 127 FamFG in Verbindung mit § 113 FamFG. Deutliche Ausprägungen des Beibringungsgrundsatzes sind die unter Präklusionsandrohung stehende Prozessförderungspflicht der Parteien (§§ 282, 296), die Möglichkeit eines Versäumnisurteils (§§ 330 ff), die Regelungen über das Geständnis (§§ 288 ff), ferner der Umkehrschluss aus § 291 (offenkundige Tatsachen) und § 293 (Beweis von Rechtsnormen).

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