Rn 33

Wird eine Widerklage erhoben, so ist je nach Prozessausgang – vorbehaltlich der Anwendung des § 92 II Nr 1 – die Vorschrift des § 92 I anzuwenden und eine Kostenquote auszusprechen oder die Kosten sind gegeneinander aufzuheben. Unzulässig wäre es, die Kosten der Klage der einen Partei und die Kosten der Widerklage der anderen Partei aufzuerlegen, da dies keine verhältnismäßige Teilung ist. Gleichwohl wird in der Praxis häufig fehlerhaft so entschieden. Ein solcher Titel muss dann im Rahmen der Kostenfestsetzung ausgelegt werden, da es grds keine Gerichts- und Anwaltskosten gibt, die nur auf die Klage oder nur auf die Widerklage entfallen. Zutreffend ist bei der Kostenverteilung wie folgt vorzugehen:

  • Wird der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen, sind die Kosten des Verfahrens nach § 91 dem Beklagten aufzuerlegen.
  • Wird die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben, sind die Kosten des Rechtsstreits insgesamt dem Kl aufzuerlegen (§ 91).
  • Wird sowohl der Klage als auch der Widerklage ganz oder tw stattgegeben oder werden beide ganz oder tw abgewiesen, so sind die Kosten verhältnismäßig nach § 92 I zu teilen oder gegeneinander aufzuheben, es sei denn, es liegt ein Fall des § 92 II Nr 1 vor.
 

Beispiel:

Der Kl klagt aus einem Verkehrsunfall Schadensersatz iHv 10.000 EUR ein; der Beklagte erhebt Widerklage iHv 8.000 EUR, da ein jeder von ihnen von der vollen Haftung ausgeht. Das Gericht geht von einer 50 %igen Haftung aus und gibt der Klage iHv 5.000 EUR statt, der Widerklage iHv 4.000 EUR.

Jede Partei hat hinsichtlich der Klage und der Widerklage zur Hälfte obsiegt und war zur Hälfte unterlegen, so dass die Kosten hälftig zu teilen oder gegeneinander aufzuheben sind.

Abwandlung: Das Gericht gibt der Widerklage nur iHv 2.000 EUR statt, da es die Schadensberechnung des Widerklägers für übersetzt hält.

Jede Partei hat hinsichtlich der Klage zur Hälfte (5.000 EUR) obsiegt und war zur Hälfte (5.000 EUR) unterlegen. Hinsichtlich der Widerklage war der Kl zu 2.000 EUR unterlegen, der Beklagte zu 6.000 EUR. Insgesamt ergibt sich damit ein Unterliegen des Klägers iHv 7.000 EUR und des Beklagten iHv 11.000 EUR, so dass die Kosten entsprechend zu teilen sind.

Nach BGH (BGHZ 19, 172 = NJW 56, 182) soll bei Abweisung von Klage und Widerklage zugunsten des Beklagten berücksichtigt werden, wenn nur für die Entscheidung über die Klage eine Beweisaufnahme erforderlich war und durchgeführt worden ist. Zutreffend dürfte das über § 96 zu lösen sein.

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