Rn 14

Werden im Verlauf eines Rechtsstreits infolge eines Anwaltswechsels mehrere Anwälte tätig, so sind ihre Kosten dann erstattungsfähig, wenn der Anwaltswechsel notwendig war (§ 91 II 2). Im Einzelnen gilt nach der Rspr Folgendes:

  • Beim Tod des Anwalts ist grundsätzlich von einem notwendigen Anwaltswechsel auszugehen (Frankf AnwBl 80, 517 = MDR 80, 1026 = Rpfleger 81, 29 = JurBüro 81, 126; Hambg JurBüro 85, 1870). Unerheblich ist, ob der Verstorbene mit einem anderen Rechtsanwalt in Bürogemeinschaft verbunden war (Stuttg Justiz 69, 224). Beim Tod lediglich eines Sozius ist ein Anwaltswechsel dagegen nicht erforderlich, da die übrigen Mitglieder der Sozietät das Mandat fortführen können. Wechselt der Mandant in diesen Fällen, etwa weil er zu den übrigen Sozien kein Vertrauen hat, rechtfertigt dies keine Kostenerstattung (Hambg JurBüro 75, 773; Frankf Rpfleger 77, 259 = AnwBl 77, 508 = JurBüro 77, 1618).
  • In Ausnahmefällen gelten diese Grundsätze auch bei einer längeren Erkrankung (München Rpfleger 70, 142 = JurBüro 70, 320 = MDR 70, 428 (im konkreten Fall allerdings verneinend).
  • Scheidet der Anwalt aus der Anwaltschaft aus, so ist der Wechsel ebenfalls stets notwendig. Zum Teil stellt die Rspr darauf ab, ob die Entscheidung, die Anwaltszulassung aufzugeben, aus beachtenswerten Gründen erfolgt ist (BGH AGS 12, 544 = MDR 12, 1376 = FamRZ 12, 1868 = AnwBl 12, 1010 = NJW 12, 3790 = RVGreport 12, 422; MDR 12, 1436 = AnwBl 12, 1009 = FamRZ 12, 36; Naumbg AGS 06, 45; Frankf RPfleger 86, 66; Hambg JurBüro 93, 351; Hamm NJW-RR 96, 1343; Kobl MDR 91, 1098; Kobl AGS 06, 461 = JurBüro 06, 543 = FamRZ 06, 1559 (Erstattungsfähigkeit bejaht bei Aufgabe aus gesundheitlichen Gründen), was im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen sei (BGH AGS 12, 544 = MDR 12, 1376 = ZfSch 12, 644 = FamRZ 12, 1868 = AnwBl 12, 1010 = NJW 12, 3790 = RVGreport 12, 422). Die Notwendigkeit der Kosten eines Anwaltswechsels haben bejaht: Neustadt NJW 61, 1777 = MDR 61, 946; München Rpfleger 70, 96 = AnwBl 70, 77; Frankf Rpfleger 86, 66 = JurBüro 86, 453; Hambg MDR 65, 395; Kobl JurBüro 78, 1068; Frankf JurBüro 74, 1599; Ddorf JurBüro 78, 1877. Die Erstattungsfähigkeit verneint haben dagegen: KG Rpfleger 62, 158; Nürnbg JurBüro 72, 518; Hambg AnwBl 72, 129; Braunschw JurBüro 73, 871. Als nicht notwendig angesehen hat der BGH (MDR 12, 1436 = AnwBl 12, 1009 = FamRZ 12, 36) einen Anwaltswechsel nach Rückgabe der Zulassung des ersten Anwalts wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten. Als notwendig angesehen hat der BGH dagegen (MDR 12, 1376 = AGS 12, 544 = FamRZ 12, 1868 = AnwBl 12, 1010 = NJW 12, 3790 = RVGreport 12, 422) einen Anwaltswechsel nach Rückgabe der Zulassung wegen Übernahme der Pflege der eigenen Mutter nach Ausfall der bisherigen Pflegeperson (hier Tod des Vaters).
  • Wird dem bisherigen Anwalt die Zulassung entzogen und beauftragt der Mandant einen neuen Anwalt, wird die Erstattungsfähigkeit verneint (OVG Mecklenburg-Vorpommern NordÖR 07, 269).
  • Wird nach längerem Zeitablauf – sei es aufgrund einer Aussetzung, einer Unterbrechung o.Ä. – das Verfahren erst nach Jahren fortgeführt und ist der seinerzeit beauftragte Anwalt nicht mehr tätig, so ist zu differenzieren:

    • Liegen zwischen der Erledigung der früheren Angelegenheit und der Fortsetzung der Angelegenheit mehr als zwei Kalenderjahre, so würden sich auch für den früheren Anwalt nach § 15 V 2 RVG neue Gebühren ergeben. Mehrkosten iSd § 91 II 2 entstehen folglich nicht.
    • Wird das Verfahren innerhalb von zwei Kalenderjahren fortgeführt, so gelten übrigen Ausführungen entsprechend.
  • Liegt der Grund für den Wechsel des Anwalts in der Person der Partei, so sind die entstandenen Mehrkosten grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Partei das Vertrauen zu ihrem Anwalt verloren hat (Celle Rpfleger 64, 327; Ddorf Rpfleger 72, 457 = JurBüro 72, 1106 = MDR 73, 5; Hambg MDR 70, 428; JurBüro 72, 1081; JurBüro 73, 448 = MDR 73, 324; Köln JurBüro 74).
  • Wechselt der Erstattungsberechtigte den Anwalt zwischen zwei gerichtlichen Verfahren, bei denen die Gebühren jedoch aufeinander angerechnet werden (z.B. selbstständiges Beweisverfahren/Rechtsstreit, Verfahren vor und nach Zurückverweisung, Urkunden-/Nachverfahren, so sind die Mehrkosten, die sich aus der Nichtanrechnung ergeben, nicht erstattungsfähig sein. Zu erstatten sind nur die Kosten, soweit sie bei dem früheren Anwalt ebenfalls angefallen wären (zum Anwaltswechsel zwischen dem Mahnverfahren und nachfolgenden streitigen Verfahren: BGH NJW 18, 871 = AGS 18, 100 = JurBüro 18, 206; zum Wechsel zwischen Beweisverfahren und nachfolgendem Hauptsacheverfahren: BGH NJW 18, 625 = AGS 18, 97 [BGH 26.10.2017 - V ZB 188/16] = JurBüro 18, 14).
  • Beauftragt eine Partei im gerichtlichen Verfahren einen anderen Anwalt als sie zuvor außergerichtlich beauftragt hatte, so sind die vollen Kosten des Rechtsstreits erstattungsfähig. Der Partei kann nicht entgegen gehalten werden, dass die Kosten im gerichtlichen Verfahren wegen der dann nach Vorb. 3 IV VV R...

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