1. Vorgehen bei der Räumung.

 

Rn 25

Diejenigen Sachen, die nicht zum Vollstreckungsgegenstand zählen und auch nicht wegen beizutreibender Kosten zu pfänden sind, werden vom GV verpackt (ein Anspruch auf Sortierung der Sachen besteht nicht, AG Siegen DGVZ 89, 44), entfernt und dem Schuldner oder im Falle seiner Abwesenheit einer anderen in § 885 II genannten Person (bevollmächtigte Person, etwa ein Frachtführer, oder einem erwachsenem Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner) außerhalb des Grundstücks bzw der Räume übergeben. Zur Räumung durch ein Räumungsunternehmen und seiner Auswahl durch den GV s AG Dillenburg DGVZ 20, 16. Die grundsätzliche Notwendigkeit der Wegschaffung beweglicher Sachen durch den GV ergibt sich daraus, dass er andernfalls dem Gläubiger Gewahrsam an nicht zum Gegenstand der Zwangsvollstreckung gehörenden Sachen verschafft (LG Düsseldorf DGVZ 84, 78; aA aber LG Arnsberg DGVZ 84, 30). Für die Anwendbarkeit der § 885 II–V bleibt unerheblich, ob die nicht zur Zwangsvollstreckung zählenden beweglichen Sachen im Eigentum des Schuldners oder eines Dritten stehen (MüKoZPO/Gruber Rz 33). § 885 II–V finden hingegen keine Anwendung, wenn die Zuweisung einer Wohnung an den anderen Ehegatten im Raum steht und noch keine Einigung über den Haushalt getroffen wurde. Die Verpflichtung des Schuldners beschränkt sich dann auf das Verlassen der Wohnung. Sie wird allein nach § 885 I vollstreckt (Saarbr FuR 05, 574). Ebenso verhält es sich bei entspr vergleichsweisen Einigungen (KG FamRZ 87, 1291). Hat der Gläubiger das Grundstück eigenmächtig in Besitz genommen, obliegt es ihm, ein Verzeichnis über die vorgefundenen, vom Zuschlagsbeschluss nicht erfassten Gegenstände zu erstellen und ihren Wert schätzen zu lassen; verletzt er diese Obliegenheit, muss er beweisen, inwieweit plausible Angaben des Schuldners zu dem Bestand, Zustand und Wert der im Haus befindlichen Gegenstände unzutreffend sind (BGH NJW 17, 3656 [BGH 23.06.2017 - V ZR 175/16] Rz 10).

 

Rn 26

Die Wegschaffung der beweglichen Sachen kann sich entweder gleichzeitig mit der Wegnahme der unbeweglichen Sachen vollziehen (›Preußische Räumung‹) oder aber in zwei zeitlich getrennten Schritten – Wegschaffung der beweglichen Sachen erst nach Wegnahme der unbeweglichen Sache – erfolgen (›Hamburger Räumung‹; zu beiden Riecke DGVZ 05, 84f).

2. Verwahrung (Abs 3).

a) Durchführung.

 

Rn 27

In den Fällen, in denen weder der Schuldner noch eine andere in Abs 2 genannte Person anwesend ist oder die Bereitschaft des Schuldners zur Entgegennahme des Räumungsgutes fehlt (Hambg NJW 66, 2319 [OLG Hamburg 19.07.1966 - 6 W 77/66]; Karlsr DGVZ 74, 114), darf der GV die wegzuschaffenden Sachen nicht ihrem Schicksal überlassen, sondern muss sie in Verwahrung nehmen. Er ist in diesem Rahmen aber nicht dazu verpflichtet, das Räumungsgut, etwa über eine Spedition, in die neue Wohnung des Schuldners zu schaffen (LG Aschaffenburg DGVZ 97, 155; LG Essen MDR 74, 762 [LG Essen 30.04.1974 - 11 T 174/73]), es sei denn, der Schuldner hat die hierdurch entstehenden Kosten bereits im Voraus bezahlt (AG Herne DGVZ 80, 30). Das Gleiche gilt, wenn diese Verfahrensweise die voraussichtlichen Kosten mindert und der Gläubiger dem zustimmt (vgl § 128 IV GVGA). Weil der GV bei der Lagerung nach pflichtgemäßem Ermessen handeln und hohe Kosten vermeiden muss, mag ihm ausnahmsweise gestattet sein, schwer zu transportierende Maschinen an Ort und Stelle, also in den Räumen des Gläubigers, zu verwahren (LG Detmold DGVZ 96, 171). Regelmäßig bringt der GV die wegzuschaffenden Gegenstände jedoch in der Pfandkammer oder anderweitig, etwa in einem Lager, unter. Im letzteren Fall kommt kein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis zwischen Schuldner und GV zustande (BGHZ 89, 82). Weil der Lagerhalter kein Verwaltungshelfer ist, haben Staat und GV für dessen Fehlverhalten auch nicht nach § 839 I BGB bzw Art 34 GG einzustehen. Jedenfalls kann der Anspruchsteller iRd Subsidiaritätsklausel nach § 839 I 2 BGB auf Ansprüche gegen den Lagerhalter verwiesen werden (Köln DGVZ 94, 171). Auswahl und Beauftragung einer Spedition fallen in den Zuständigkeitsbereich des GV und unterliegen ebenfalls dessen pflichtgemäßem Ermessen. In Ermangelung anderer Anhaltspunkte ergibt sich aus den Umständen regelmäßig, dass der GV die Verwahrungsverträge als bevollmächtigter Vertreter des Justizfiskus abschließt (BGH DGVZ 99, 167).

b) Haustiere.

 

Rn 28

Befinden sich auf dem Grundstück bzw in der Wohnung Haustiere, so sind auch diese wie bewegliche Sachen (§ 90a BGB) entspr Abs 2–5 vom GV zu entfernen (BGH NJW 12, 2889). Die Tiere sind entweder dem Schuldner zu übergeben oder in Form der anderweitigen Verwahrung nach Abs 3 S 1 in einem Tierheim unterzubringen. Dem Schuldner kann nicht nach § 888 die Pflicht auferlegt werden, für die Verwahrung des Tieres zu sorgen, wenn er nur zur Räumung und Herausgabe des Grundstücks verurteilt ist (BGH NJW 12, 2889 [BGH 04.04.2012 - I ZB 19/11]; zum Verbot der Tötung von Tieren bei fehlgeschlagenem Verkauf näher un...

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