Rn 17

Zwar steht die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht unter dem Schutz staatlicher Ordnung gem Art 6 I GG, sondern nur unter dem des Art 2 I GG; hinsichtlich der Zulässigkeit der Räumungsvollstreckung gilt aber Gleiches wie für Eheleute (BGH NJW 08, 1959; krit Walker JZ 11, 453, 454). Sofern die herauszugebenden Räume an beide Lebensgefährten vermietet wurden und sie daher Mitbesitzer sind, muss auch der Räumungstitel gegen beide Partner lauten. Nichts anderes gilt, wenn nur ein Lebensgefährte Mietvertragspartei ist und seinem Partner durch die (spätere) Aufnahme in die Wohnung Mitbesitz eingeräumt hat (str; so BGH NJW 08, 1959 mwN; Köln MDR 97, 782 [OLG Köln 05.09.1996 - 2 W 101/96]). Davon kann man nicht nur bei ausdrücklicher Erlaubnis durch den Vermieter gem § 553 I BGB, sondern auch bei langjährigem Zusammenleben ausgehen. Gegen die Kinder des Lebensgefährten, der nicht Vertragspartei ist, darf ebenfalls nicht vollstreckt werden (Ddorf DGVZ 98, 140; Hambg NJW 92, 3308; aA LG Berlin DGVZ 93, 173). Ein Räumungstitel gegen den Schuldner als Mieter reicht für die Zwangsvollstreckung nach § 885 aber dann aus, wenn der Lebensgefährte die Räume lediglich unter Anerkennung des alleinigen fremden Besitzes des Mieters benutzt, zB, wenn die Aufnahme entweder erst vor kurzer Zeit oder nur vorübergehend erfolgte. Denn nur vorübergehendes Zusammenleben begründet ebenso wenig ein Indiz für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit gemeinsamer unmittelbarer Sachherrschaft wie eine noch nicht lang andauernde Lebensführung. Erforderlich ist, dass sich aus den Gesamtumständen klar und eindeutig der Mitbesitz des Dritten ergibt (vgl BGH NJW 08, 1959, 1960 [BGH 19.03.2008 - I ZB 56/07]). Irrt der GV, der für die Einschätzung der Nutzungsbefugnisse von den erkennbaren Umständen auszugehen hat, muss der Lebensgefährte, dem ein nicht erkennbares Besitzrecht an den Räumen zusteht, dieses im Rechtsbehelfsverfahren geltend machen.

 

Rn 18

Entsprechende Grundsätze greifen ein, wenn Verwandte zusammenleben oder vergleichbare häusliche Gemeinschaften in Rede stehen. Vermietet der Gläubiger an alle, muss sich auch der Räumungstitel aufgrund des dadurch begründeten Mitbesitzes gegen alle Mitbewohner richten. Fälle, in denen die Bewohner die Wohnung unter Anerkennung fremden alleinigen Besitzes mitbenutzen, sind jedoch selten (vgl auch Zö/Seibel Rz 12).

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