Gesetzestext

 

(1) 1Hat sich der Empfänger der vom Schuldner geleisteten Arbeiten oder Dienste verpflichtet, Leistungen an einen Dritten zu bewirken, die nach Lage der Verhältnisse ganz oder teilweise eine Vergütung für die Leistung des Schuldners darstellen, so kann der Anspruch des Drittberechtigten insoweit auf Grund des Schuldtitels gegen den Schuldner gepfändet werden, wie wenn der Anspruch dem Schuldner zustände. 2Die Pfändung des Vergütungsanspruchs des Schuldners umfasst ohne weiteres den Anspruch des Drittberechtigten. 3Der Pfändungsbeschluss ist dem Drittberechtigten ebenso wie dem Schuldner zuzustellen.

(2) 1Leistet der Schuldner einem Dritten in einem ständigen Verhältnis Arbeiten oder Dienste, die nach Art und Umfang üblicherweise vergütet werden, unentgeltlich oder gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung, so gilt im Verhältnis des Gläubigers zu dem Empfänger der Arbeits- und Dienstleistungen eine angemessene Vergütung als geschuldet. 2Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, sowie bei der Bemessung der Vergütung ist auf alle Umstände des Einzelfalles, insb die Art der Arbeits- und Dienstleistung, die verwandtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen dem Dienstberechtigten und dem Dienstverpflichteten und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Dienstberechtigten Rücksicht zu nehmen.

A. Normzweck.

 

Rn 1

In der Zwangsvollstreckung kann grds nur auf Arbeitseinkommen des Schuldners zugegriffen werden, das dieser tatsächlich bezieht. Um den Gläubiger vor unlauteren Manipulationen zu schützen, mit denen das Schuldnereinkommen dem Vollstreckungszugriff entzogen wird, erweitert § 850h die Pfändbarkeit (Pape NWB 20, 2756). Dazu begründet die Vorschrift materielle Leistungspflichten und stellt Verfahrensregeln auf. Die Vorschrift ermöglicht es dem Gläubiger so auf den wirtschaftlichen Gegenwert der Arbeit zuzugreifen, als erhielte der Schuldner ein reguläres Entgelt (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz/Els § 850h Rz 1).

 

Rn 2

Bei einer Lohnverschiebung ermöglicht § 850h I dem Gläubiger, auf Einkommen Zugriff zu nehmen, das tatsächlich einem Dritten zufließt (BGH NJW-RR 06, 569 [BGH 04.10.2005 - VII ZB 26/05] Rz 8). § 850h II schützt den Gläubiger vor einer Lohnverschleierung, wenn der Schuldner bei einem Dritten Dienste leistet, ohne eine entspr angemessene Vergütung zu erhalten (BAG NZA 09, 163 [BAG 22.10.2008 - 10 AZR 703/07] Rz 13). Der Dritte wird beim Vollstreckungszugriff des Gläubigers so behandelt, als ob er dem Schuldner zu einer angemessenen Vergütung verpflichtet sei. Sonst könnte dem Dritten auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers ein unangemessener Vorteil zufließen (BGH NJW 79, 1600, 1601f [BGH 08.03.1979 - III ZR 130/77]).

B. Lohnverschiebung (Abs 1).

I. Grundlagen.

 

Rn 3

Im Fall der Lohnverschiebung erlangt ein Drittberechtigter einen Anspruch auf die Lohnzahlung, weil der Schuldner mit dem Drittschuldner vereinbart hat, die Vergütung des Schuldners für geleistete Arbeiten oder Dienste ganz oder tw an den Dritten zu bewirken. Häufig wird dies der Ehegatte, ein Angehöriger oder eine andere nahestehende Person sein.

II. Voraussetzungen.

1. Leistungspflicht des Schuldners.

 

Rn 4

Der Schuldner muss aufgrund eines Vertragsverhältnisses verpflichtet sein, Arbeiten oder Dienste zu leisten. Hierbei kann es sich um einen Arbeits- oder freien Dienstvertrag, aber auch um einen Werkvertrag handeln. Die Art des Rechtsverhältnisses ist bedeutungslos (BAG NZA 97, 61, 63). Eine dauerhafte Leistungspflicht ist nicht erforderlich. Es genügen gelegentliche oder einmalige Leistungen. Der Empfänger der Dienste und der Vergütende müssen nicht personengleich sein (Wieczorek/Schütze/Lüke § 850h Rz 3). Abs 1 ist aber unanwendbar, wenn dem Drittschuldner aufgrund der Leistungen des Schuldners Ansprüche gegen Vierte zustehen. Fehlt eine vertraglich begründete Leistungspflicht des Schuldners, kann § 850h I 1 nicht analog angewendet werden (BAG NZA 97, 61, 63 [BAG 23.04.1996 - 9 AZR 231/95]).

2. Anspruch des Dritten.

 

Rn 5

Als weitere Voraussetzung muss sich der Empfänger der Dienste ggü dem Schuldner verpflichtet haben, einem Drittberechtigten die Vergütung zu zahlen. Schuldner und Drittschuldner haben also einen echten Vertrag zugunsten Dritter iSd § 328 BGB geschlossen, aufgrund dessen der Drittberechtigte den Anspruch erwirbt, die Vergütung für die Leistung des Schuldners vom Drittschuldner zu verlangen (BAG NZA 97, 61, 63). Eine Benachteiligungsabsicht ist nicht erforderlich. Wird ein Strohmann eingesetzt, für den der Schuldner die Arbeitsleistung erbringt, kommt ein Anspruch aus § 850h II in Betracht (BAG NZA 97, 61, 63 [BAG 23.04.1996 - 9 AZR 231/95]). Die Bezügeabtretung, die auf einer Vereinbarung zwischen Schuldner und Drittem beruht, fällt nicht unter § 850h I 1, ist aber ggf gem § 3 I AnfG anfechtbar (MüKoZPO/Smid § 850h Rz 2).

3. Vergütung.

 

Rn 6

Das Entgelt für die üblicherweise zu bezahlende Leistung des Schuldners muss dem Dritten ganz oder tw – dann wird von Mischverhältnissen gesprochen – zufließen. Als Vergütung ist jeder Vermögensvorteil des Drittberechtigten anzusehen, der wirtschaftlich betrachtet als Gegenleistung für die Tätigke...

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