Rn 13

Der notwendige Unterhalt ist für den erwerbsfähigen Schuldner nach den §§ 20 ff SGB II zu berechnen (vgl LG Darmstadt ZVI 07, 364, 365). Als Basisbedarf ist zunächst der Regelbedarf nach Stufe 1 für eine alleinstehende oder alleinerziehende Person von EUR 502,– anzusetzen. Eine Herabsetzung des Regelsatzes nach § 39 SGB XII ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Schuldner eine zumutbare Arbeit ablehnt (St/J/Würdinger § 850f Rz 3; aA Stöber/Rellermeyer Rz C.426). Dem Zwangsvollstreckungsrecht ist eine – auch mittelbare – Erwerbsverpflichtung fremd, die wegen des Prinzipienwechsels ausdrücklich normiert sein müsste. Im Regelsatz sind die Kosten für einen Telefonanschluss enthalten. Der Betrag ist nicht um die GEZ-Gebühren zu erhöhen. Der befristete Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld gem § 24 SGB II ist unanwendbar (vgl Zö/Herget § 850f Rz 2c). Als Element des untersten Netzes der sozialen Sicherung darf in die Regelleistung nicht durch Zwangsvollstreckung eingegriffen werden. Der Empfänger ist frei, den als Teil des Existenzminimums festgestellten Betrag zur Deckung seiner Bedarfe eigenverantwortlich zu verwenden. Kosten für (Mobil-)Telefon, Internet, Kabelfernsehen und GEZ müssen aus diesem Betrag finanziert werden (vgl LG Braunschweig ZInsO 11, 1268, 1269). Auch der darin enthaltene Ansparanteil darf nicht dem Pfändungszugriff ausgesetzt sein (BGH WM 11, 76 Rz 13 ff, zu Abs 2). Ebenso wenig wie der Anspruch auf Sozialhilfe nach § 17 I 2 SGB XII ist aufgrund einer Wertungsparallele auch ein sachlich entspr Anspruch auf Geldleistung nach dem SGB II pfändbar (BGH WM 11, 76 Rz 20). Abzulehnen ist deswegen eine Entscheidung, wonach vom Regelsatz des Arbeitslosengelds II ein Betrag von EUR 30,– zugunsten des Vermieters pfändbar sein soll (so AG Dresden JurBüro 09, 46), denn diese Pfändungsanordnung unterschreitet den notwendigen Unterhalt. Unzutreffend ist auch, wenn bei laufenden Leistungen nach dem SGB der unpfändbare Betrag EUR 20,– unter dem Regelsatz festzusetzen sein soll (LG Siegen JurBüro 2009, 210).

 

Rn 14

Zu diesem Grundbetrag sind die konkreten Kosten für Unterkunft und Heizung (gem § 22 SGB II) hinzuzurechnen, soweit sie nicht den angemessenen Umfang übersteigen (BGH NJW-RR 09, 1459 Rz 23). Regelmäßig ist von der tatsächlich gezahlten Miete auszugehen (vgl LG Darmstadt ZVI 07, 364, 366; Eicher/Spellbrink/Lang/Link SGB II § 22 Rz 15c). Die Kosten für eine Garage zählen grds nicht dazu. Einzubeziehen sind außerdem die tatsächlich zu entrichtenden Mietnebenkosten. Wegen der erheblich gestiegenen Nebenkosten kommt diesen konkret abzurechnenden Ausgaben bei der Bedarfssicherung eine wesentliche Aufgabe zu. Dies betrifft insb die Kosten für Wasser, Abwasser, Abfallentsorgung, Versicherungen, Treppenhausreinigung, Hauswart, Treppenhauslicht, Fahrstuhl, Straßenreinigung, Schornsteinfeger und Thermenreinigung. Dies gilt ebenfalls für mietvertraglich verankerte Kabelanschlussgebühren, nicht aber für die durch individuellen Vertrag begründeten Kabelgebühren. Betriebskostennachzahlungen stellen einen im Monat der Fälligkeit zu berücksichtigenden aktuellen Bedarf dar (BSG BeckRS 11, 74134 Rz 15). Zu den Aufwendungen für die Unterkunft gehören auch die Kosten einer Auszugsrenovierung (BSG BeckRS 12, 68728 Rz 13). Für eigengenutztes Wohneigentum und Eigenheime sind als notwendige Ausgaben die Schuldzinsen (nicht aber die Tilgungsanteile BVerwGE 48, 182, 185), Grundsteuern, Ausbaubeiträge, Versicherungskosten, Erbbauzinsen, Erhaltungskosten und die bei einem Mieter anzusetzenden sonstigen Nebenkosten zu berücksichtigen. Anzusetzen sind außerdem die tatsächlichen Heizungskosten, die sich aus der Nebenkostenabrechnung ergeben werden. Nachzahlungen oder Erstattungen sind beim Einkommen zu berücksichtigen. Heizkostenerstattungen an die Bezieher von Leistungen nach dem SGB II sind unpfändbar (BSG NZS 13, 273 Rz 19; BGH ZInsO 13, 1408 Rz 8). Gleiches gilt bei den Ausgaben für Elektrizität. Derartige Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift. Eine gleichmäßige Verteilung über mehrere Monate ist ebenso ausgeschlossen wie eine Berücksichtigung gegenüber dem Anspruch auf Sicherung des Lebensunterhalts (BSG NJW 21, 107 [BSG 24.06.2020 - B 4 AS 8/20 R]). Sie können deswegen auch pfändungsrechtlich nur in dem Monat bis zur anteiligen Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigt werden. Die Aussetzung der Angemessenheitsprüfung aufgrund des vereinfachten Verfahrens für den Zugang zu sozialer Sicherung aus Anlass der COVID-19-Pandemie nach § 67 I, III SGB II wirkt im Verhältnis zwischen dem Leistungsträger und Leistungsbezieher (LSG Niedersachsen-Bremen WuM 20, 733 [LSG Niedersachsen-Bremen 29.09.2020 - L 11 AS 508/20 B ER]). Dadurch wird nicht das Existenzminimum des Schuldners verändert. Eine Erhöhung des pfändungsfreien Betrags insoweit ist ausgeschlossen.

 

Rn 1...

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