Rn 9

Die Vorschrift gilt grds für die gesamte Prozessführung des Bevollmächtigten in allen Verfahrensarten der ZPO und in allen Verfahrensarten, die auf die ZPO verweisen (Musielak/Voit/Weth § 85 Rz 9; zB § 4 InsO; vgl BGH NJW 11, 1299, 1230 [BGH 14.12.2010 - 1 StR 275/10]; zur Geltung im Strafverfahren vgl KG NStZ-RR 21, 157). Im PKH-Verfahren gilt die Vorschrift ebenfalls (BGH NJW 01, 2720, 2721 [BGH 12.06.2001 - XI ZR 161/01]; Köln OLGR 03, 315; aA Zö/Althammer § 85 Rz 11). Auf Grund ihres Bezugs zum Prozess findet eine Zurechnung nur innerhalb des Prozessrechtsverhältnisses und damit im Verhältnis zu den anderen Prozessbeteiligten statt. Gegenüber außerhalb des Prozesses stehenden Dritten muss sich die Partei das Fehlverhalten ihres Bevollmächtigten nur nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften zurechnen lassen (Musielak/Voit/Weth § 85 Rz 8; Saarbr VersR 20, 216, 219). Eine allgemeine Zurechnung des Fehlverhaltens bei der Einhaltung materiell-rechtlicher Fristen über eine Wissenszurechnung hinaus wird abgelehnt (MüKoZPO/Toussaint § 85 Rz 13; Musielak/Voit/Weth § 85 Rz 10). Unabhängig von einer Einordnung als materiell-rechtliche Frist ist dies für Klagefristen wegen ihrer Funktion und Ausrichtung auf den Rechtsstreit und Sinn und Zweck der Norm aber zu befürworten, zumal das Mittel zur Wahrung der Frist, die Klagerhebung, Prozesshandlung ist. Das Fehlverhalten des Bevollmächtigten bei der Einhaltung der Klagefrist nach § 4 S 1 KSchG wird nach Abs 2 zugerechnet (BAG NJW 09, 2841, 2843 [BAG 11.12.2008 - 2 AZR 472/08]), auch wenn eine Gewerkschaft Prozessbevollmächtigte ist (BAG NJW 09, 2971 [BAG 28.05.2009 - 2 AZR 548/08]).

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