Gesetzestext

 

Die Zwangsvollstreckung in Ansprüche, welche die Herausgabe oder Leistung körperlicher Sachen zum Gegenstand haben, erfolgt nach den §§ 829 bis 845 unter Berücksichtigung der nachstehenden Vorschriften.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Zwangsvollstreckung nach den §§ 829–845 in Herausgabeansprüche des Schuldners ist für den Gläubiger wenig günstig. Auf Gegenstände des Schuldners, die sich bei einem Dritten befinden, kann der Gläubiger nur bei einem zur Herausgabe bereiten Dritten zugreifen, § 809 (vgl RGZ 25, 182, 187). Hat der Schuldner einen Anspruch auf Leistung eines noch nicht zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstands, steht dieser dem Vollstreckungszugriff des Gläubigers so lange nicht zur Verfügung, wie der Schuldner den Anspruch nicht geltend macht (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Schuschke/Plücker § 846 Rz 1). In beiden Fällen könnte der Gläubiger die Herausgabe- und Leistungsansprüche pfänden, doch hilft ihm dies nicht weiter, weil er sich selbst bei einer Erfüllung aus den Ansprüchen nicht befriedigen kann. Hier ermöglichen die §§ 846849 einen zweistufigen Zugriff. Aufgrund der Pfändung des Herausgabe- oder Leistungsanspruchs kann der Gläubiger die Herausgabe des Gegenstands an den Gerichtsvollzieher, Treuhänder oder Sequester verlangen und die Sache anschließend verwerten. Eine vergleichbare Regelung enthält § 318 AO.

B. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

Die §§ 846849 sind bei Ansprüchen auf Herausgabe oder Leistung körperlicher Sachen anzuwenden. Der Vollstreckungstitel muss auf eine Geldforderung lauten. Ist der Titel auf Herausgabe einer Sache gerichtet, findet die Herausgabevollstreckung nach § 886 statt. Als Titel kommen Urteile, Urkunden nach § 794, Arreste und einstweilige Verfügungen in Betracht.

 

Rn 3

Körperliche Sachen sind bewegliche und unbewegliche Sachen sowie Wertpapiere einschl indossabler Papiere, vgl § 808 II 1. Auf Wechsel sind die §§ 846 ff anzuwenden, wenn der Schuldner Wechselgläubiger und ein Dritter Besitzer ist. Der Anspruch auf Verschaffung der Wechselforderung ist nach § 857 zu pfänden (St/J/Würdinger § 846 Rz 1). In Ansprüche auf Herausgabe unpfändbarer Sachen findet die Anspruchspfändung nach den §§ 846 ff nicht statt (Stöber/Rellermeyer Rz G.6). Nicht selbständig pfändbar sind Beweisurkunden und Legitimationspapiere, doch kommt hier eine Hilfspfändung nach § 857 in Betracht (Wieczorek/Schütze/Lüke § 846 Rz 4).

 

Rn 4

Herausgabeansprüche sind auf Verschaffung des unmittelbaren Besitzes gerichtet. Sie können dinglich zu qualifizieren sein, etwa aus den §§ 985, 1007 BGB. Sie können aber auch schuldrechtlicher Natur sein, etwa gem §§ 546, 604, 667, 681, 695, 1254 BGB oder aus einem Sicherungsvertrag. Unerheblich ist, ob der Herausgabeanspruch bedingt, betagt oder von einer Gegenleistung abhängig ist (MüKoZPO/Smid § 846 Rz 1). Unanwendbar sind die §§ 846 ff auf Ansprüche, die mit einem Tun oder Unterlassen verbunden sind (Musielak/Voit/Flockenhaus § 846 Rz 2). Leistungsansprüche sind auf Besitz- und Eigentumsverschaffung gerichtet, etwa aus §§ 433 I, 607, 651, 1939, 2147, 2155 BGB (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Schuschke/Plücker § 846 Rz 2). Der schuldrechtliche Anspruch des Grundstückskäufers auf Übertragung des Eigentums kann auch nach der Auflassung bis zur Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch gepfändet werden. Ist für den gepfändeten Anspruch eine Vormerkung eingetragen, kann die Pfändung bei dieser im Wege der Grundbuchberichtigung vermerkt werden (vgl Rostock Rpfleger 16, 90). Die Pfändung wird wirksam mit Zustellung an den Drittschuldner (BGH Rpfleger 10, 365, 366). Von der Pfändung des Eigentumsverschaffungsanspruchs ist die Pfändung des Anwartschaftsrechts zu unterscheiden. Dessen Pfändung wird mit Zustellung des im Pfändungsbeschluss enthaltenen Verfügungsverbots an den Grundstückskäufer wirksam (BGH Rpfleger 10, 365, 366).

 

Rn 5

Der Pfändungsbeschluss muss die Sache zweifelsfrei bezeichnen (Anders/Gehle/Nober ZPO § 846 Rz 3). Pfändungsbeschlüsse, die diesen Anforderungen nicht genügen, sind unwirksam (BGH NJW 00, 3218 [BGH 13.07.2000 - IX ZR 131/99]). Mit der Pfändung des Herausgabeanspruchs ist die Sache noch nicht verstrickt (MüKoZPO/Smid § 846 Rz 1). Das Pfandrecht an der Sache entsteht erst nach der Herausgabe (BGH NJW 58, 1723). Früher begründete dingliche Rechte gehen im Rang vor (Wieczorek/Schütze/Lüke § 846 Rz 1).

C. Kosten/Gebühren.

 

Rn 6

Es entsteht eine Gerichtsgebühr nach KV Nr 2110 in Höhe von 22 EUR. Dem Rechtsanwalt steht eine Gebühr mit einem Satz von 0,3 gem § 18 I Nr 3 RVG iVm VV 3309 zu. Ist die Vollstreckungsgebühr bereits entstanden, fällt sie nicht erneut an.

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