Rn 85

Der Schuldner bleibt auch nach der Pfändung Inhaber der Forderung. Mit dem Verfügungsverbot aus § 829 I 2 (Inhibitorium) wird dem Schuldner jede Verfügung über die Forderung untersagt. Trotz der umfassenden Formulierung sind ihm aber nach dem Zweck der Regelung nicht alle, sondern nur das Pfändungspfandrecht beeinträchtigende Verfügungen untersagt (BGH NJW 68, 2059, 2060). Er darf deswegen die zum Erhalt der Forderung notwendigen Handlungen vornehmen. Ggü Gegenansprüchen des Drittschuldners kann sich der Schuldner auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen (St/J/Würdinger § 829 Rz 99). Trotz eines Pfändungs- und Einziehungsbeschlusses über das Recht auf Aufhebung der Gemeinschaft ist ein Miteigentümer nicht gehindert, über seinen Miteigentumsanteil zu verfügen (BGH NJW 17, 2768 [BGH 29.06.2017 - IX ZB 98/16] Rz 30).

 

Rn 86

Er kann – auch im Wege einer Klage (BGH NJW 01, 2178, 2180) – Leistung an den Pfändungspfandgläubiger verlangen (BGH NJW 68, 2059, 2060). Eine auf Leistung an sich gerichtete Klage ist nach Pfändung und Überweisung unbegründet. Übersteigt die gepfändete Forderung die titulierten Ansprüche, kann er Zahlung an sich nach Befriedigung des Gläubigers verlangen (BGH NJW 01, 2178, 2180). Bei mehrfachen Pfändungen ist der Rang der Gläubiger zu bezeichnen. Außerdem sollen ihre Forderungen einschl der aus den Pfändungsbeschlüssen oder -verfügungen ersichtlichen Kostenbeträge genau beziffert werden (BGH NJW 01, 2178, 2180 [BGH 05.04.2001 - IX ZR 441/99]).

 

Rn 87

Verboten sind dem Schuldner Verfügungen, die für den Gläubiger nachteilig sind. Dazu gehört insb die Einziehung der Forderung. Außerdem darf der Schuldner nicht die Forderung erlassen, mit ihr aufrechnen, an Zahlungs statt hingeben oder eine andere die Durchsetzbarkeit erschwerende Verfügung treffen, wie sie stunden (MüKoZPO/Smid § 829 Rz 53; Mock Forderungsvollstreckung § 5 Rz 64).

 

Rn 88

Als Rechtsfolge ist eine gegen das Verfügungsverbot verstoßende, das Pfändungspfandrecht beeinträchtigende Verfügung nach den §§ 135, 136 BGB relativ unwirksam (BGH NZI 07, 39 Rz 6; PWW/Ahrens §§ 135, 136 Rz 6). Die Verfügung ist dann im Verhältnis zum Pfändungspfandgläubiger unwirksam, iÜ aber wirksam (PWW/Ahrens §§ 135, 136 Rz 7). Sie wirkt deswegen sowohl ggü dem Drittschuldner als auch nachrangigen Gläubigern. Die Verfügung wird außerdem in vollem Umfang wirksam, wenn das Verbot aufgehoben wird, der von ihm Geschützte die Verfügung genehmigt oder das durch das Verbot geschützte Recht entfällt (BGH NZI 07, 39 Rz 6).

 

Rn 89

Der Schuldner ist nicht gehindert, auf das der Forderung zugrunde liegende Rechtsverhältnis einzuwirken und dadurch der gepfändeten Forderung die Grundlage zu entziehen, bspw bei einer Pfändung der Miete oder des Arbeitseinkommens das Miet- bzw Arbeitsverhältnis zu kündigen (Zö/Herget § 829 Rz 18). Ist eine Teilpfändung erfolgt, kann der Schuldner den nicht von der Pfändung erfassten Teil der Forderung weiterhin einziehen (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Plücker § 829 Rz 62). Wird ein rechtshängiger Anspruch gepfändet, muss der Schuldner seinen Klageantrag umstellen. Er kann Leistung an den Pfändungspfandgläubiger bzw an diesen und sich oder Hinterlegung verlangen (BGH NJW 01, 2178, 2180 [BGH 05.04.2001 - IX ZR 441/99]). Eine vor der Pfändung vereinbarte Abtretung der Forderung ist rechtlich wirksam (BGH NJW 87, 1703, 1705 [BGH 05.02.1987 - IX ZR 161/85]).

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