Rn 14

Der Anwaltszwang gilt grds für das gesamte Verfahren vor den genannten Gerichten (Ausnahme Abs 3), unabhängig davon, ob das Kollegialgericht oder der Einzelrichter den Prozess führt. Er erstreckt sich auf alle Prozesshandlungen, die schriftlich oder mündlich innerhalb oder außerhalb der mündlichen Verhandlung vor oder ggü dem Gericht vorgenommen werden (Musielak/Voit/Weth § 78 Rz 14; Zö/Althammer § 78 Rz 16). Der Anwaltszwang erstreckt sich in diesem Rahmen auch auf materiell-rechtliche Erklärungen, die Bestandteil einer Prozesshandlung sind (zB Prozessvergleich). Materiell-rechtliche Erklärungen, die außerhalb des Prozesses abgegeben werden, unterliegen auch dann nicht dem Anwaltszwang, wenn sie Einfluss auf das gerichtliche Verfahren haben (BGH NJW 84, 805 [BGH 14.11.1983 - IVb ZR 1/82]; NJW-RR 89, 802). Sie können aber nur durch einen Rechtsanwalt in den Prozess eingeführt werden (St/J/Jacoby § 78 Rz 28). Daher kann ohne Anwalt vereinbart werden, die Klage oder das Rechtsmittel zurückzunehmen (BGH NJW 85, 2335 [BGH 06.03.1985 - VIII ZR 123/84]; NJW-RR 89, 802 [BGH 13.02.1989 - II ZR 110/88]) oder auf dieses zu verzichten, oder eine Abrede über eine Prorogation (St/J/Jacoby § 78 Rz 31; Musielak/Voit/Weth § 78 Rz 14) oder eine Sprungrevision (BGH MDR 86, 313) getroffen werden. Für die Entgegennahme von Prozesshandlungen gilt der Anwaltszwang nur innerhalb der mündlichen Verhandlung (St/J/Jacoby § 78 Rz 27; Zö/Althammer § 78 Rz 17). Außerhalb der mündlichen Verhandlung können solche Erklärungen auch ggü der Partei selbst abgegeben werden. Dies gilt aber nicht für Zustellungen innerhalb eines anhängigen Rechtsstreits (§ 172 I), diese sind an einen postulationsfähigen Anwalt zu richten (§ 172 II 1).

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