Rn 4

§ 777 ist anzuwenden, wenn der Gläubiger eine bewegliche Sache in Besitz hat, an der ihm ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Andere Sicherheiten, wie Bürgschaften oder Garantien, reichen nicht; § 777 spricht ausdrücklich von beweglichen Sachen; selbst grundbuchmäßig abgesicherte Rechte fallen nicht unter diese Vorschrift (RGZ 98, 106, 109). Dies gilt auch für vom Grundstück getrennte Erzeugnisse und Zubehör; Grundpfandrechte erstrecken sich gem §§ 1120, 1192 BGB auf die vom Grundstück getrennten Erzeugnisse und sonstigen Bestandteile.

 

Rn 5

Es muss sich um eine Sache des Schuldners handeln; Miteigentum des Schuldners genügt. Die Vollstreckungsforderung muss durch den Wert der Sache einschl Zinsen und Vollstreckungskosten voll gedeckt sein. Sichert die Sache gleichzeitig eine weitere Forderung, muss, um den Widerspruch des Schuldners zu rechtfertigen, auch diese Forderung durch den Wert der Sache gedeckt sein, § 777 S 2. Inhaberpapiere werden beweglichen Sachen gleichgestellt; dagegen reichen Orderpapiere, so Wechsel und Orderschecks, nicht aus (St/J/Münzberg Rz 2; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 4). Eine analoge Anwendung des § 777 ist jedoch dann möglich, wenn die sich aus den Papieren ergebende Forderung den Gläubiger wegen der Werthaltigkeit ausreichende Sicherung gewährt; derartiges ist regelmäßig dann der Fall, wenn sich die Forderung gegen den Staat oder gegen ein Kreditinstitut richtet, oder aber dann, wenn Geldbeträge hinterlegt sind und der Gläubiger einen vom Verhalten des Schuldners unabhängigen Anspruch gegen die Hinterlegungsstelle hat. Hat der Gläubiger somit ein Pfandrecht an einer entspr Forderung, kann § 777 eingreifen (Köln OLGZ 88, 214, 217; St/J/Münzberg Rz 6; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 5; Schuschke/Walker/Raebel Rz 6). Eine analoge Anwendung des § 777 wird auch für sonstige Forderungen befürwortet, über die der Gläubiger ohne weiteres verfügen kann, so Mietkautionen und Treuhandkonten; diese Forderungen müssen dem Gläubiger jedoch in Ansehung der Forderung zustehen, wegen der vollstreckt wird; es muss sich zudem um absolut sichere Forderungen handeln (St/J/Münzberg Rz 6; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 10). Traditionspapiere, wie Lagerschein gem § 448 HGB, Order-Lagerschein gem § 475g HGB und Konnossement gem § 650 HGB, sind den beweglichen Sachen gleichzustellen (Wieczorek/Schütze/Paulus Rz 8; St/J/Münzberg Rz 2). Bewegliche Sachen sind auch Geldmittel (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 4).

 

Rn 6

Dem Gläubiger muss ein Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht zustehen. Dieses Pfandrecht kann ein Vertragspfandrecht iSd §§ 1204 ff BGB oder ein gesetzliches Pfandrecht gem § 1257 BGB sein. § 777 umfasst die gesetzlichen mit einem Besitz verbundenen Pfandrechte wie dasjenige des Werkunternehmers, des Kommissionärs, des Spediteurs, des Lagerhalters oder des Frachtführers; besitzlose gesetzliche Pfandrechte, wie das Pfandrecht des Vermieters oder des Verpächters, fallen dann unter § 777, wenn der Gläubiger die Sache aufgrund des Pfandrechts in Besitz genommen hat. Unter § 777 fallen nicht das Pfändungspfandrecht und das Arrestpfandrecht; hier wird idR eine ausreichende Sicherung durch § 803 I 2 eintreten (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 9; Schuschke/Walker/Raebel Rz 8; Zö/Geimer Rz 3; aA St/J/Münzberg Rz 3). Das Sicherungseigentum kann dem Pfandrecht gleichgestellt werden; die Sache muss dem Gläubiger bereits zur Verwertung übergeben worden sein (Köln OLGZ 88, 214, 217; Schuschke/Walker/Raebel Rz 5). Es kommen nur Zurückbehaltungsrechte in Frage, die dem Gläubiger ein Verwertungsrecht geben, wie dies bei den §§ 1000, 1003 BGB und §§ 369, 371 HGB der Fall ist. Zurückbehaltungsrechte nach §§ 273, 320 BGB scheiden aus (St/J/Münzberg Rz 3; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 11; aA für § 273 BGB Zö/Geimer Rz 4). Der Gläubiger muss die Sache in Besitz haben; Mitbesitz reicht, ebenso mittelbarer Besitz, wenn dem Gläubiger ein Zugriff ohne Herausgabeklage gegen den Schuldner möglich ist. Der Gläubiger muss immer die Möglichkeit haben, sich problemlos aus den bereits vorhandenen Sicherheiten zu befriedigen.

 

Rn 7

Die Forderung muss durch die Sache gedeckt sein. Der Begriff der Deckung umfasst die Möglichkeit einer alsbaldigen Befriedigung (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 15; aA St/J/Münzberg Rz 9). Dem Gläubiger kann es nicht zugemutet werden, mit der Befriedigung aus der Pfandsache oder der zurückbehaltenen Sache längere Zeit abzuwarten. Der Gläubiger darf auf eine Befriedigung aus der Pfandsache oder zurückbehaltenen Sache nicht länger warten müssen als dies bei Fortführung der Vollstreckung der Fall wäre.

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