Gesetzestext

 

1Jeder Person, die bei dem Vollstreckungsverfahren beteiligt ist, muss auf Begehren Einsicht der Akten des Gerichtsvollziehers gestattet und Abschrift einzelner Aktenstücke erteilt werden. 2Werden die Akten des Gerichtsvollziehers elektronisch geführt, erfolgt die Gewährung von Akteneinsicht durch Erteilung von Ausdrucken, durch Übermittlung von elektronischen Dokumenten oder durch Wiedergabe auf einem Bildschirm; das gilt auch für die nach § 885a Abs. 2 Satz 2 elektronisch gespeicherten Daten.

A. Ratio und Anwendungsbereich.

 

Rn 1

Die Vorschrift macht das Vollstreckungsverfahren für die beteiligten Personen transparent und kontrollierbar, in dem es ihnen das Recht einräumt, Einsicht in die Akten des GV und Abschrift einzelner Aktenstücke zu verlangen. Die Akteneinsicht dient sowohl der Kontrolle des Vollstreckungsverfahrens durch den Gläubiger als auch der Offenlegung aller dabei erstellten Schriftstücke (BGH ZVI 04, 81; AG Leipzig BeckRS 14, 05816). Andere als die an der Vollstreckung unmittelbar beteiligten Personen können aus § 760 nichts herleiten. Ein Akteneinsichtsrecht haben sie nur, wenn die Voraussetzungen des § 299 II vorliegen (Musielak/Voit/Lackmann § 760 Rz 1). Die Mitteilungen, die der GV nach § 763 vAw zu machen hat, lassen § 760 unberührt, ebenso sonstige Unterrichtungen, zB darüber, ob der GV beim Schuldner pfändbare Sachen vorgefunden hat (Köln DGVZ 95, 170; LG Hannover DGVZ 81, 39f) oder über Tatsache und Grund der Erfolglosigkeit eines Vollstreckungsversuchs (BGH NJW-RR 04, 788 [BGH 30.01.2004 - IXa ZB 274/03]; aA Hamm DGVZ 77, 40). Vor der Erteilung des Vollstreckungsauftrags treffen den GV keine Mitteilungspflichten nach § 760 (AG Berlin-Charlottenburg DGVZ 78, 159). Ebenso wenig betrifft die Regelung das Recht auf Akteneinsicht und Abschrift ggü der Gerichtsverwaltung. Denn § 760 verpflichtet allein den GV (Schuschke/Walker/Walker § 760 Rz 1). § 760 S 2 aE wurde durch das Mietrechtsänderungsgesetz v 11.3.13 (MietRÄndG, BGBl I, 434) eingeführt (s vor §§ 704 ff Rn 23). Die Vorschrift erstreckt das Akteneinsichtsrecht auf die nach § 885a II 2 gespeicherten elektronischen Daten.

B. Tatbestand.

 

Rn 2

Der Antrag auf Akteneinsicht und Erteilung von Abschriften kann bereits zusammen mit dem Vollstreckungsauftrag gestellt werden. Nicht in jedem Vollstreckungsauftrag ist aber konkludent ein Antrag nach § 760 enthalten (BVerwG NJW 83, 896, 898). Abschriften von Protokollen nach §§ 762 f müssen ausdrücklich verlangt werden. Auch dem anwaltlich vertretenen Gläubiger muss der GV eine Abschrift nicht unaufgefordert zusenden (BVerwG NJW 83, 896; Hamm Rpfleger 71, 111; aA AG Erlangen DGVZ 74, 122). Antragsberechtigt ist nur der am Vollstreckungsverfahren beteiligte Personenkreis. Das sind der Gläubiger, der Schuldner und diejenigen Dritten, die durch die Vollstreckung in ihren Rechten betroffen oder mit Pflichten belegt worden sind, zB nach §§ 771, 805, 809, 886, 811 I Nr 1, 5 (Schuschke/Walker/Walker § 760 Rz 2). Vollstreckt eine Mehrzahl von Gläubigern zur selben Zeit, wird darüber grds nur eine Teilabschrift mit den sie betreffenden Vollstreckungshandlungen erteilt, auf entsprechenden Antrag aber nach § 117 III 3 GVGA auch eine vollständige Abschrift (Zö/Seibel § 760 Rz 2).

C. Rechtsfolge.

 

Rn 3

Akten, in die nach § 760 die Einsicht zu gewähren ist, sind neben den Kostenbelegen für mehrere zusammen durchgeführte Vollstreckungssachen, gemeinsame Belegblätter bei Sammelakten sowie die Register nach § 47 GVO (Schuschke/Walker/Walker § 760 Rz 4 mwN; aA Zö/Seibel § 760 Rz 1: keine Einsichtnahme, da nur rein innerdienstliche Funktion), ebenso das Pfändungsprotokoll nach § 762 (ThoPu/Seiler § 760 Rz 2). Einsichtnahme in die Akten wird dem berechtigten Personenkreis (s Rn 2) und ihren Bevollmächtigten nur in Anwesenheit des GV gewährt (§ 60 Nr 1 S 3 GVO). Eine Versendung der Akten kommt dagegen nicht in Betracht (AG Berlin-Charlottenburg DGVZ 78, 159). Nach § 760 S 2 kann Einsicht auch in eine elektronische Akte genommen werden. Sie erfolgt entweder durch die Gewährung einer Online-Akteneinsicht (s zur elektronischen Akteneinsicht in Prozessakten § 299 III) oder durch die Erteilung von Ausdrucken der elektronischen Dokumente (Degen NJW 08, 1475). Ein Anhörungsrecht der übrigen Beteiligten besteht vor der Gewährung der Akteneinsicht oder der Erteilung der Protokollabschriften nicht (Schuschke/Walker/Walker § 760 Rz 7).

D. Rechtsbehelfe.

 

Rn 4

Wird die Einsicht in die Akten oder die Erteilung von Abschriften insgesamt oder in Teilen verweigert, steht den beteiligten Personen dagegen die Erinnerung nach § 766 zu, ebenso aus Gründen des Datenschutzes gegen die Gewährung der Akteneinsicht und Abschrifterteilung (Musielak/Voit/Lackmann § 760 Rz 5). Der GV selbst hat gegen die einer Erinnerung stattgebende Entscheidung keinen Rechtsbehelf (Schuschke/Walker/Walker § 760 Rz 6).

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