Gesetzestext

 

(1) Der Gerichtsvollzieher kann die zuständige Polizeidienststelle um Auskunft ersuchen, ob nach polizeilicher Einschätzung bei einer durchzuführenden Vollstreckungshandlung eine Gefahr für Leib oder Leben des Gerichtsvollziehers oder einer weiteren an der Vollstreckungshandlung beteiligten Person besteht.

(2) In dem Auskunftsersuchen nach Absatz 1 ist Folgendes anzugeben:

1. Art und Ort der Vollstreckungshandlung,
2. Vornamen und Name des Schuldners,
3. soweit bekannt Geburtsname, Geburtsdatum und Geburtsort des Schuldners sowie
4. Wohnanschrift des Schuldners.

(3) Erteilt die Polizeidienststelle die Auskunft, dass nach polizeilicher Einschätzung eine Gefahr nach Absatz 1 besteht, so kann der Gerichtsvollzieher um Unterstützung durch die polizeilichen Vollzugsorgane bei der durchzuführenden Vollstreckungshandlung nachsuchen. Ein Unterstützungsersuchen kann der Gerichtsvollzieher auch zusammen mit einem Auskunftsersuchen nach Absatz 1 stellen.

(4) Der Gerichtsvollzieher kann auch ohne Auskunftsersuchen ein Unterstützungsersuchen stellen, wenn

1. tatsächliche Anhaltspunkte für das Bestehen einer Gefahr nach Absatz 1 vorliegen oder
2. sich die Gefahr aus der Art der Vollstreckungshandlung ergibt. Auf Unterstützungsersuchen nach Satz 1 ist Absatz 2 entsprechend anzuwenden; bei Unterstützungsersuchen nach Satz 1 Nummer 1 hat der Gerichtsvollzieher zusätzlich die tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gefahr nach Absatz 1 und, sofern die Gefahr von einer dritten Person ausgeht, die ihm bekannten Daten nach Absatz 2 Nummer 2 bis 4 über die dritte Person anzugeben.

(5) Über die Durchführung eines Auskunfts- oder eines Unterstützungsersuchens setzt der Gerichtsvollzieher den Schuldner oder, sofern Daten einer dritten Person nach Absatz 4 Satz 2 Halbsatz 2 übermittelt worden sind, die dritte Person unverzüglich nach Erledigung des Vollstreckungsauftrags in Kenntnis. Abweichend von § 760 Satz 1 darf in Bezug auf Inhalte der Akten des Gerichtsvollziehers, die in Zusammenhang mit einem Auskunfts- oder einem Unterstützungsersuchen stehen, neben dem Schuldner nur der dritten Person, deren Daten übermittelt worden sind, Akteneinsicht gestattet und eine Abschrift erteilt werden; § 760 Satz 2 bleibt unberührt.

A. Ratio und Anwendungsbereich.

 

Rn 1

Die Vorschrift wurde aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften (Gerichtsvollzieherschutzgesetz – GVSchuG) v 7.5.21 (BGBl I, 850) neu eingefügt und ist zum 1.1.22 in Kraft getreten (Mock VE 21, 100; Nikolaj DGVZ 22, 145; Waldschmidt JurBüro 21, 286). Sie dient dem effektiveren Schutz von GV bei der Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen, in dem das Ersuchen um Unterstützung durch polizeiliche Vollzugsorgane in größerem Umfang als bisher ermöglicht wird (BTDrs 19/27636, 23). Mit § 757a wird zugleich eine eigenständige gesetzliche Grundlage für Auskunftsersuchen von GV an die zuständige Polizeidienststelle geschaffen.

B. Tatbestand.

I. Auskunftsersuchen.

1. Allgemeine Voraussetzungen.

 

Rn 2

Eine erste allg Voraussetzung ist das Bevorstehen einer Vollstreckungshandlung. Auskunftsersuchen, die mit einer solchen nicht im Zusammenhang stehen, sind nicht zulässig (BTDrs 19/27636, 23). Des Weiteren muss im Zusammenhang mit der durchzuführenden Vollstreckungshandlung eine Gefahr für Leib oder Leben des GV oder einer weiteren an der Vollstreckungshandlung beteiligten Person vorliegen. Solche Personen können bspw Mitarbeiter eines Schlüsseldienstes oder einer Spedition (BTDrs 19/27636, 23). Die Gefahr kann auch von einem Tier ausgehen. Eine Gefahr für materielle Güter genügt dagegen nicht. Das Vorliegen dieser allg Voraussetzungen einzuschätzen, obliegt grds dem GV.

2. Inhalt des Auskunftsersuchens (Abs 2).

 

Rn 3

In der Vorschrift enthalten sind die Mindestangaben für Auskunftsersuchen. Nach Nr 1 müssen Art und Ort der Vollstreckungshandlung bezeichnet werden, um der ersuchten Polizeidienststelle die Gefahreneinschätzung im Hinblick auf die potenzielle Gewaltbereitschaft von Personen vor Ort zu erleichtern und die zu erwartende Eingriffsintensität zu evaluieren (BTDrs 19/27636, 23f). Die Art der Vollstreckungshandlung muss auch für ein Unterstützungsersuchen nach Abs 4 S 1 Nr 2 bezeichnet werden. Die Angaben nach Nr 2–4 sollen die möglichst eindeutige Identifizierung des Schuldners ermöglichen. Ihre Mitteilung ist nur bei vorhandener Kenntnis des GV erforderlich. Nachforschungen muss er hierzu nicht anstellen (BTDrs 19/27636, 24).

II. Unterstützungsersuchen (Abs 3, 4).

 

Rn 4

Nach Abs 3 S 1 kann ein Auskunftsnachträglich durch ein Unterstützungsersuchen flankiert werden, wenn nach polizeilicher Einschätzung eine Gefahr besteht, wobei nur deren Bestehen mitgeteilt werden muss, nicht aber Verursacher und Grund. Ob in diesem Fall tatsächlich um Unterstützung ersucht wird, entscheidet der GV. Er wir dieses bspw unterlassen, wenn er ›auf anderem Wege‹ in Erfahrung bringt, dass bei der durchzuführenden Vollstreckungshandlung keine Gefahr besteht (BTDrs 19/27636, 24). Zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens erlaubt es Abs 3 S 1, Auskunfts- und U...

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