Rn 2

Abs 1 gestattet die Vertreterbestellung, wenn der Bekl entweder prozessunfähig ist oder begründete Zweifel an seiner Prozessfähigkeit bestehen (BGH NJW 62, 1510 [BGH 09.05.1962 - IV ZR 4/62]). Die Vorschrift stellt auf eine bereits vor Rechtshängigkeit gegebene Prozessunfähigkeit ab, ist aber entsprechend anwendbar, wenn die vor Rechtshängigkeit bestehende Prozessunfähigkeit erst im Laufe des Rechtsstreits offenbar wird (BGH NJW 51, 441). Verwirklicht sich die Prozessunfähigkeit dagegen erst nach Rechtshängigkeit, ist § 57 seinem Wortlaut nach nicht einschlägig, weil das Verfahren unterbrochen wird (§§ 239, 241, 246). In dieser Situation wird wegen der vergleichbaren Interessenlage zu Recht eine auf § 57 gestützte Vertreterbestellung befürwortet (BAG NJW 09, 3051 Rz 12; 08, 603, 604; Dresd ZIP 05, 1845; Stuttg MDR 96, 198; St/J/Bork Rz 2; aA Musielak/Voit/Weth Rz 2). Die Vorschrift ist auch anwendbar, wenn das Vormundschaftsgericht die Bestellung eines Betreuers ablehnt, die Partei aber nach Auffassung des Prozessgerichts nicht prozessfähig ist (BAG NJW 09, 3051 [BAG 28.05.2009 - 6 AZN 17/09] Rz 12). Der Prozessunfähigkeit der natürlichen steht der Mangel organschaftlicher Vertretung der juristischen Person gleich, wobei die Bestellung eines Notorgans nach § 29 BGB die Pflegerbestellung nicht ausschließt. Ein Bedürfnis für eine Vertreterbestellung besteht als zweite Voraussetzung nur, falls ein gesetzlicher Vertreter gänzlich fehlt oder der berufene Vertreter im Einzelfall rechtlich (nicht bloß tatsächlich: MüKoZPO/Lindacher Rz 6) verhindert ist (BGH RR 11, 115 Rz 19). Die Vertreterbestellung knüpft an die Absicht, eine Klage, einen Mahnbescheid oder ein Gesuch auf einstweiligen Rechtsschutz einzureichen. Als vierte Voraussetzung wird Gefahr im Verzuge gefordert: Sie liegt vor, sofern der Aufschub der Klage bis zur Bestellung des Vertreters die Rechtsdurchsetzung für den Kl erheblich gefährden oder gar vereiteln würde. Sind die eine Vertreterbestellung verzögernden Gründe von dem Kl, der etwa die Benennung eines Abwicklers (§§ 264 II AktG, 66 V GmbHG) verweigert, zu verantworten, scheidet Gefahr im Verzuge aus (Wieczorek/Schütze/Hausmann Rz 12). Die Bestellung des Prozesspflegers kann der Kl durch einen nicht dem Anwaltszwang unterliegenden Antrag erwirken, wobei die geltend gemachten Tatsachen glaubhaft zu machen sind. Die Bestellung eines Prozesspflegers ist gegenüber der Bestellung eines Nachtragsliquidators nicht subsidiär (Frankf RR 12, 510). Die Vorschrift ist im Zwangsvollstreckungsverfahren grds entspr anwendbar, wenn sich die Zwangsvollstreckung gegen einen prozessunfähigen Schuldner richtet (BGH WM 21, 346 Rz 14).

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