Rn 3

Nicht revisibles Recht – nach der Neufassung des § 545 lediglich noch solches Recht, das keine Rechtsnormqualität hat (zur Rechtsnormqualität vgl § 545 Rn 1) sowie ausländisches Recht (§ 545 Rn 6) – ist der revisionsgerichtlichen Prüfung allerdings nicht vollständig entzogen. So kann das Revisionsgericht nachprüfen, ob das Berufungsgericht bei der Ermittlung oder bei der Anwendung irrevisiblen Rechts revisible Vorschriften verletzt hat und ob das angewendete irrevisible Recht höherrangigem revisiblem Recht entspricht (Musielak/Voit/Ball § 560 Rz 4) sowie ob statt des vom Berufungsgericht angewendeten irrevisiblen Rechts revisibles Recht anzuwenden ist oder umgekehrt (BGH NJW 95, 2097; Musielak/Voit/Ball § 560 Rz 4).

 

Rn 4

Mit der Verfahrensrüge nach § 551 III 1 Nr 2 lit b kann geltend gemacht werden, dass der Tatrichter seine prozessrechtliche Verpflichtung zur Ermittlung des ausländischen Rechts (§ 293) verletzt hat (BGH NJW-RR 09, 311 Tz 10; NJW 03, 2685, 2686; BGHZ 118, 151, 162; Musielak/Voit/Ball § 560 Rz 4; MüKoZPO/Krüger § 560 Rz 4). Gerügt werden kann bspw, der Tatrichter habe seiner Entscheidung statt des maßgebenden Rechts eines bestimmten Staates das Recht eines anderen Staates zugrunde gelegt (BGHZ 118, 151, 163 mwN), das Berufungsurteil gebe nicht zu erkennen, ob und auf welche Weise das Gericht zu klären versucht habe, ob ein von ihm angewendeter Rechtssatz in dem ausländischen Recht bestehe bzw dass es das in Frage kommende ausländische Recht, wie es in Rspr und Rechtslehre Ausdruck und in der Praxis Anwendung findet, nicht vollständig oder unzulänglich ermittelt habe (BGH NJW 14, 1244 Tz 14 f; NJW 92, 3106, 3107; BGHZ 118, 151, 163 jmwN). Der Tatrichter ist gehalten, das Recht als Ganzes zu ermitteln, wie es sich in Rspr und Lehre entwickelt hat und muss dabei die ihm zugänglichen Rechtsquellen ausschöpfen (BGH v 9.2.17 – V ZB 166/15 Tz 7 – juris). Die Rüge hat indes keinen Erfolg, wenn mit ihr in Wirklichkeit die Nachprüfung irrevisiblen ausländischen Rechts bezweckt wird oder wenn die auf ausländisches Recht gestützte Parteibehauptung in der Berufungsinstanz objektiv nicht geeignet war, eine Pflicht des Tatrichters zur Ermittlung des ausländischen Rechts auszulösen (BGHZ 118, 312, 319; BGHZ 118, 151, 163; Musielak/Voit/Ball § 560 Rz 4). Haben die Parteien unschwer Zugang zu den Erkenntnisquellen der ausländischen Rechtsordnung, müssen sie das ausländische Recht regelmäßig konkret darstellen (BGHZ 118, 312, 319f). Je detaillierter und kontroverser die Parteien eine bestimmte ausländische Rechtspraxis vortragen, desto umfassendere Ausführungen zur Rechtslage hat der Richter, ggf unter Ausschöpfung sämtlicher ihm zugänglicher Erkenntnismittel, zu machen (BGHZ 118, 151, 164 mwN). In der Revisionsinstanz ist auch zu prüfen, ob das Berufungsgericht durch die Anwendung nicht revisiblen Rechts revisibles Recht verletzt hat (BGH NJW-RR 09, 311 [BGH 21.11.2008 - V ZR 35/08] Tz 10; Musielak/Voit/Ball § 560 Rz 4; St/J/Jacobs § 560 Rz 5).

 

Rn 5

Schließlich können Verfahrensfehler bei der Anwendung irrevisiblen Rechts wie zB die Übergehung von Sachvortrag, Beweisantritten oder Beweisergebnissen, ausnahmsweise gerügt werden, wenn sie auch unter Zugrundelegung des Rechtsstandpunkts, den das Berufungsgericht zum irrevisiblen Recht eingenommen hat, beachtlich sind (BGH NJW 92, 438, 440; NJW 88, 636, 637; BGHZ 24, 159, 164; BGHZ 3, 342, 346 jew mwN; Musielak/Voit/Ball § 560 Rz 4). Ferner unterliegt das Revisionsgericht bei der Anwendung irrevisiblen Rechts, das erst nach Schluss der Berufungsverhandlung in Kraft getreten oder vom Berufungsgericht übersehen worden ist, keinen Beschränkungen (BGH NJW 96, 3151; BGHZ 40, 197, 201; Musielak/Voit/Ball § 560 Rz 4).

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