Rn 2

Der Verzicht auf die Berufung ist die Erklärung einer Partei, sich ihres Rechts auf Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Berufungsgericht endgültig begeben zu wollen (vgl RGZ 161, 350, 355). Demnach kann ein Verzicht nur angenommen werden, wenn in der Erklärung, die nicht ausdrücklich als ›Verzicht‹ bezeichnet sein muss, klar und eindeutig der Wille zum Ausdruck gebracht wird, die erstinstanzliche Entscheidung hinnehmen und nicht anfechten zu wollen (BGH NJW 06, 3498 [BGH 05.09.2006 - VI ZB 65/05]). Dieser Erklärungsinhalt muss ggf durch Auslegung ermittelt werden, für die allerdings Zurückhaltung geboten ist und an die wegen der Unanfechtbarkeit und Unwiderruflichkeit der Erklärung strenge Anforderungen zu stellen sind (BGH aaO). Diesem Gesichtspunkt kommt besonderes Gewicht bei der Annahme einer Verzichtserklärung aufgrund konkludenten Verhaltens zu.

 

Rn 3

Unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze sind die schuldrechtliche Verpflichtung zur Abgabe der Verzichtserklärung und erst recht die bloße Absichtserklärung, keine Berufung einlegen zu wollen, kein Verzicht. Auch die Beschränkung der Anträge in der Berufungsbegründung auf einen Teil der Beschwer aus dem erstinstanzlichen Urt beinhaltet idR keinen Verzicht auf die Berufung hinsichtlich des übrigen Teils (BGH NJW 01, 146 [BGH 28.09.2000 - IX ZR 6/99]). Der Verzicht auf die Begründung einer Kostenentscheidung nach § 91a ist ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht als Verzicht auf ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung anzusehen (BGH NJW 06, 3498 [BGH 05.09.2006 - VI ZB 65/05]). Dasselbe gilt im Fall der Zahlung auf eine streitig gebliebene Forderung nach dem Erlass eines vorläufig vollstreckbaren Urteils (BGH NJW 94, 942 [BGH 16.11.1993 - X ZR 7/92]).

 

Rn 4

Dagegen enthält die Erklärung, es werde keine Berufung eingelegt werden, einen Verzicht (BGH NJW-RR 91, 1213 [BGH 19.03.1991 - XI ZR 138/90]). Dasselbe gilt für die Erklärung, die bereits eingelegte Berufung werde nach dem Eintritt bestimmter Bedingungen zurückgenommen (BGH NJW-RR 97, 1288 [BGH 14.05.1997 - XII ZR 184/96]) oder sei bereits zurückgenommen (BGH NJW 02, 2108, 2109 [BGH 12.03.2002 - VI ZR 379/01]). Die Erklärung, dass die Berufung nur hinsichtlich der Widerklage durchgeführt wird, kann den Verzicht auf die Berufung hinsichtlich des Gegenstands der Klage beinhalten (BGH NJW-RR 89, 1344 [BGH 28.03.1989 - VI ZR 246/88]). In der ausdrücklichen Beschränkung der Berufungseinlegung auf einen Teil mehrerer Klageanträge ist idR der Verzicht auf die weitergehende Berufung zu sehen (BGH NJW 90, 1118 [BGH 07.11.1989 - VI ZB 25/89]).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge