Rn 6

Bei der Verfahrensgestaltung selbst ist der Amtsrichter grds im Rahmen billigen, also pflichtgemäßen Ermessens völlig frei (Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 12). ›Sein Verfahren‹ iSd § 495a umfasst das gesamte Verfahren von dessen Einleitung bis zu dessen Abschluss (Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 11). Eine Beschränkung des amtsrichterlichen Ermessens erfolgt insoweit allerdings aufgrund der allgemeinen Verfahrensgrundsätze und der Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren, die im Wesentlichen Ausformungen des Verfassungsrechts sind, insb das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs gem Art 103 I GG in seinen verschiedenen Ausprägungen (etwa Verbot von Überraschungsentscheidungen, BVerfGE v 20.9.12 – 1 BvR 1633/09; BayVerfGH NJW-RR 01, 1647 [VerfGH Bayern 30.03.2001 - Vf. 46-VI-00] und v 27.5.11 – Vf.127-VI-10), das Verhältnismäßigkeitsgebot, die Neutralitätspflicht, das Öffentlichkeitsprinzip, der Grundsatz des fairen Verfahrens etc, aber auch etwa der Beibringungsgrundsatz und das Parteiprinzip (vgl insoweit HK-ZPO/Pukall Rz 6). Nachdem sich diese Grundsätze in vielen Fällen gerade in den entsprechenden gesetzlichen Regelungen manifestiert haben, engt dies die praktische Bedeutung des vom Gesetzeswortlaut gem § 495a S 1 suggerierten weiten Ermessensspielraums des Amtsrichters letztlich nicht unerheblich wieder ein (Zö/Herget Rz 8 mwN; aA Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 11f). Die Einschränkung gilt auch und gerade für etwaige Verfahrensverstöße, die gem § 295 II unheilbar sind und auf deren Rüge eine Partei nicht wirksam verzichten kann (Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 14). Unzulässig ist in diesem Zusammenhang auch die Verweisung gem § 281 ohne vorherigen Antrag der Parteien bei örtlicher Unzuständigkeit des angerufenen AG (anders AG Bergen v 5.11.12 – 23 C 389/12 – obiter dictum).

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