Rn 39

Wird die Abänderungsklage gegen ein Versäumnisurteil gegen den Bekl gerichtet, so stellt sich die Frage ob hierbei auf die seinerzeit tatsächlich vorliegenden Verhältnisse (so Hamm FamRZ 90, 772, 773; Oldbg FamRZ 90, 188) oder nach allg Grundsätzen auf den schlüssigen Klägervortrag und damit auf die fingierten Verhältnisse abzustellen ist (so die bislang hM Hamm FamRZ 91, 1199, 1201; Karlsr FamRZ 00, 907; Köln FamRZ 02, 471, MüKoZPO/Gottwald § 323 Rz 61). Der BGH hat diesen Streit dahin entschieden, dass beim Versäumnisurteil gegen den Bekl eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse erforderlich ist. Dabei dürfen die Abänderungsgründe nicht vor Ablauf der Einspruchsfrist entstanden sein (BGHZ 185, 322, 325 = NJW 10, 2437, 2439 mit zust Anm Norpoth = FamRZ 10, 1150 mit krit Anm Graba = MDR 10, 868 mit krit Anm Vollkommer; abl auch Gottwald FS Hahne 12, 247, 249 ff; bestätigt von BGH NJW 10, 2515, 2518). Nur in dem Umfang, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Ablauf dieser Frist geändert haben, ist eine Abänderung des rechtskräftigen Versäumnisurteils zulässig. Zur Begründung wird vorrangig darauf abgestellt, dass ansonsten eine der Rechtskraft des Versäumnisurteils entgegenstehende ›Totalrevision‹ erfolge, bei der auch ein im Erstverfahren nicht vorgetragener Umstand mittels Abänderungsklage korrigiert werden könnte.

 

Rn 40

Für das Anknüpfen an auf den Klägervortrag und damit die fingierten Verhältnisse spricht, dass § 323 I auf die für die Verurteilung maßgebenden Verhältnisse abstellt, dh auf die Urteilsgrundlage. Dennoch erscheint die Lösung des BGH sachgerecht. Denn stellt man nur auf die fingierten und nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse ab, hat dies für den Bekl die missliche Konsequenz, dass ein möglicherweise unrichtiger Sachvortrag des Kl nicht mit einer Änderungsklage korrigiert werden kann. Zwar ist zutr, dass als Folge der Rechtskraft grds die Urteilsgrundlage dem Streit entzogen ist und der Bekl nur neue Tatsachen vorbringen kann (MüKoZPO/Gottwald § 323 Rz 61; Musielak/Voit/Borth § 323 Rz 22). Diese neuen Tatsachen können sich aber nur auf die tatsächlich vorliegenden Umstände beziehen, da ein Vergleich von fingierten mit veränderten Verhältnissen die aus § 323 II folgende Präklusion des Versäumnisurteils nicht gewährleisten könnte (so auch Klose NJ 10, 433 [BGH 12.05.2010 - XII ZR 98/08]; Bosch FF 10, 417 [BGH 02.06.2010 - XII ZR 160/08]; aA Musielak/Voit/Borth § 323 Rz 22).

 

Rn 41

Anders ist die Situation hingegen beim Versäumnisurteil gegen den Kl. Hier ist davon auszugehen, dass der geltend gemachte Anspruch bei Ablauf der Einspruchsfrist nicht bestand. Daher ist wie beim klageabweisenden Urt nach streitiger Verhandlung (Rn 7) bei nach Rechtskraft des Urteils eingetretenen neuen Tatsachen keine Abänderungsklage, sondern eine erneute Leistungsklage zu erheben (ebenso Musielak/Voit/Borth § 323 Rz 22; aA Maurer LMK 10, 306391 aE). Zur Abänderungsklage beim Anerkenntnisurteil s Rn 5 f.

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