Rn 7

Die Bindung des Ausgangsgerichts gilt bis zur Aufhebung der die Bindung begründenden Entscheidung im Instanzenzug (BGHZ 106, 219, 221 = NJW 89, 1486, 1487); das Abweichungsverbot ist regelmäßig nach dem Erlass einer instanzbeendigenden Entscheidung funktionslos, da keine weitere Entscheidung vom Spruchkörper zu treffen ist (s aber Rn 8; vgl St/J/Althammer Rz 5f). Die Bindung eines Gerichts kann sich im Zusammenhang mit dem Instanzenzug aber auch aus anderen Gründen als § 318 ergeben.

I. Bindung der Vorinstanz an Urteile des Rechtsmittelgerichts.

 

Rn 8

Die Vorinstanz ist an Urteile des Rechtsmittelgerichte, die das angefochtene Urt aufheben und zurückverweisen, gem § 563 II gebunden; diese Regel findet als allgemeiner Grundsatz auch zwischen Berufungsgericht und 1. Instanz Anwendung (BGHZ 51, 131, 135; NJW 92, 2831, 2832). Die Bindung erfasst insoweit unabhängig von § 318 auch die rechtliche Beurteilung der Sache, selbst wenn sie aus Sicht des Untergerichts verfehlt ist (BGH MDR 94, 1144, 1145). Keine Bindung besteht aber, wenn sich die Sachlage geändert hat, sodass die rechtliche Beurteilung den gegenständlichen Sachverhalt nicht mehr trifft (BGH NJW 85, 2029, 2030 [BGH 03.04.1985 - IVb ZR 18/84]), oder wenn sich die höchstrichterliche Rspr geändert hat (BGHZ GemS 60, 392, 396 ff = NJW 73, 1273, 1274). Die Bindung des § 318 soll nach Zurückverweisung hinsichtlich solcher Entscheidungen bestehen bleiben, die nicht aufgehoben wurden (RGZ 35, 40; Zö/Feskorn Rz 14); das ist folgerichtig, wenn und weil die instanzbeendigende Entscheidung dann durch Aufhebung und Zurückverweisung weggefallen ist und das Verfahren gleichsam in die Ausgangslage zurückversetzt wurde.

II. Bindung des Rechtsmittelgerichts.

 

Rn 9

Das Rechtsmittelgericht ist wegen seiner Funktion als Kontrollinstanz niemals an Entscheidungen unterer Instanzen auf der Grundlage des § 318 gebunden. Soweit der Prüfungsmaßstab eingeschränkt ist (§§ 512, 557 II oder wegen Beschränkung des Rechtsmittels), beruht die darin begründende Bindung an das Urt nicht auf § 318 (BGH NJW-RR 87, 249, 250 [BGH 06.11.1986 - IX ZR 8/86]; Zö/Feskorn Rz 14). Vgl auch § 552a. Davon zu unterscheiden ist die Bindung des Rechtsmittelgerichts an eigene Teil- und Zwischenurteile, die sich wiederum aus § 318 ergibt. Nach Auffassung des BGH ist das Berufungsgericht bei einer Aufhebung und Zurückverweisung des erstinstanzlichen Urteils darüber hinaus an die dem Aufhebungsurteil zugrunde liegende rechtliche Beurteilung gebunden, wenn erneut Rechtsmittel gegen das (zweite) Endurteil der Unterinstanz eingelegt wird (NJW 92, 2831, 2832). Diese Bindung ergibt sich nicht aus § 318 (so wohl auch BGH NJW 92, 2831, 2832f [BGH 23.06.1992 - XI ZR 227/91]), der sich nicht auf die rechtliche Begründung erstreckt, sondern aus einer entsprechenden Anwendung des § 563 II und aus dem Gedanken des Vertrauensschutzes (BGHZ 60, 392, 396 f; BAG NJW 95, 97, 2343 [nur LS] = NZA 97, 821, 822 [BAG 19.02.1996 - 5 AZR 982/94]; iErg Zö/Feskorn Rz 14). Die Bindung kann aber nur die tragende Begründung erfassen (BGH MDR 05, 1241) und muss bei einer Änderung der höchstrichterlichen Rspr hinfällig werden, weil das Urt des Berufungsgerichts andernfalls sehenden Auges auf eine Aufhebung in der Revision zusteuerte. Keine Bindung an irrtümlich unterbliebene Berufungszulassung, wenn sich Divergenz zur Rspr schon aus den Gründen ergibt, das Rechtsmittelgericht muss dann die Zulassung nachholen (BGH NJW-RR 11, 1079 [BGH 12.04.2011 - VI ZB 31/10] RzRz 14). Die Bindung des Rechtsmittelgerichts an sein eigenes Urteil entfällt mit dessen Aufhebung (BGH V ZR 97/14 BeckRS 15, 05008 Rz 3).

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