I. Gerichtsstand am vertraglich bestimmten Abgangs- oder Bestimmungsort (§ 30 II 1).

 

Rn 6

§ 30 II 1 erfasst sämtliche vertraglich vereinbarten Beförderungen von Fahrgästen und, soweit vereinbart und vorhanden, deren Gepäck auf Schiffen einschließlich der Beförderung über See (BTDrs 17/1039, S 142). Da das Merkmal ›Rechtsstreitigkeit wegen einer Beförderung von Fahrgästen und ihrem Gepäck auf Schiffen‹ vergleichbar der Regelung in § 30 I 1 nicht auf den dogmatischen Charakter der streitgegenständlichen Anspruchsgrundlagen abhebt, sind hiermit alle mit einer Beförderung von Fahrgästen auf Schiffen zusammenhängenden Anspruchsgrundlagen einschließlich solcher des Deliktsrechts gemeint (ebenso: BeckOKZPO/Toussaint § 30 Rz 18; unklar: Zö/Schultzky § 30 Rz 5, wo ohne ausdrückliche Bezugnahme auf das Deliktsrecht nur von Schadensersatzansprüchen die Rede ist). Die Erfassung deliktsrechtlicher Ansprüche ist zu befürworten, wiewohl § 30 II 1 nach seinem klaren Wortlaut nur eingreift, wenn ein ›Beförderungsvertrag‹ geschlossen wurde. Hieraus folgt keine Beschränkung auf die Geltendmachung vertraglicher Anspruchsgrundlagen, da anderenfalls in Fällen freier Anspruchskonkurrenz entgegen des Gesetzeszwecks, der auf die Effektivierung der Prozessführung des Kl abzielt (BTDrs 17/1039, S 142), der Kl Gefahr liefe, bei Inanspruchnahme eines Gerichtsstands aus § 30 II 1 in seinen Rechtsschutzmöglichkeiten beschränkt zu werden. § 30 II 1 eröffnet einen besonderen Gerichtsstand wahlweise (§ 35) am vertraglich vereinbarten Abgangs- oder Bestimmungsort.

II. Unwirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen (§ 30 II 2).

 

Rn 7

§ 30 II 2 bestimmt in Anlehnung an die ›Vorbilder‹ in Art 18 des Athener Übereinkommens von 2002 über die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf See und in Art 15 der Anl zu § 664 HGB aF, dass vor Eintritt eines schadensursächlichen Ereignisses getroffene Gerichtsstandsvereinbarungen, die von § 30 II 1 abweichen, unwirksam sind. Dadurch soll nach dem Willen des Gesetzgebers sichergestellt werden, dass die nach § 551 HGB zwingenden Normen des materiellen Rechts nicht durch prozessuale Abreden unterlaufen werden (BTDrs 17/1039, S 142). Da der Gesetzgeber zeitlich nach Eintritt des schadensursächlichen Ereignisses abgeschlossene Gerichtsstandsvereinbarungen für zulässig hält (BTDrs 17/1039, S 142) und sich dies auch mit dem Wortlaut des § 30 II 2 in Einklang bringen lässt, sind die Parteien für diesbezügliche Vereinbarungen von den Beschränkungen des § 38, insbesondere des § 38 III, freigestellt (ebenso: Zö/Schultzky § 30 Rz 6).

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