Rn 30

Schließen die Beteiligten in einer selbstständigen Familiensache einen Vergleich unter Einbeziehung nicht anhängiger Verfahrensgegenstände (Mehrvergleich), hat der unbemittelte Beteiligte einen Anspruch auf Erweiterung der ihm bewilligten VKH auf sämtliche in diesem Zusammenhang ausgelöste Gebühren (BGH NJW 18, 1679 [BGH 17.01.2018 - XII ZB 248/16]),

 

Rn 31

Mit Prozessvergleich nicht zu verwechseln die Prozessvereinbarung (Prozessvertrag). Dies sind Vereinbarungen zwischen den Parteien über den Prozess, die nicht dem Anwaltszwang unterliegen, wenn sie vor (danach str) einem Rechtsstreit geschlossen werden. Ein Vertrag, in dem sich eine Partei zu einem bestimmten prozessualen Verhalten verpflichtet, ist wirksam, wenn das vereinbarte Verhalten möglich ist und weder gegen ein gesetzliches Verbot noch gegen die guten Sitten verstößt (BGH NJW-RR 06, 632). So können vereinbart werden: Klagerücknahme, Rechtsmittelverzicht (BGH NJW 58, 1397), Verzicht auf Urkundenprozess, Verzicht auf Klageerhebung (BGH NJW-RR 06, 632), Wirkung der Rechtshängigkeit auf Verjährungshemmung (BGH WM 08, 1078), keine bestimmten Beweismittel zu verwenden, die Verjährung hemmendes materielles Stillhalteabkommen (BGH NJW 98, 2274 [BGH 23.04.1998 - III ZR 7/97]) oder Rügen, Einreden und Einwendungen nicht zu erheben (Brandbg OLGR 08, 597). Die örtliche und sachliche Zuständigkeit kann nur beschränkt vereinbart werden (§§ 38 ff), die funktionelle Zuständigkeit überhaupt nicht (außer § 566, Sprungrevision BGH NJW 86, 198 [BGH 10.07.1985 - VIII ZR 285/84]). Die staatliche Gerichtsbarkeit kann durch Schiedsvereinbarung (§§ 1025 ff) ausgeschlossen werden. Zulässig ist auch die Verpflichtung, eine bestimmte Klage nicht zu erheben (BGH NJW-RR 06, 632 [BGH 21.12.2005 - VIII ZR 108/04]). Die Annahmeerklärung kann als Prozesshandlung nicht widerrufen oder zurückgenommen werden (SchlH SchlHA 17, 310).

 

Rn 32

Erklärt eine Partei im Rahmen gerichtlicher Vergleichsbemühungen ein Angebot, das die Gegenpartei innerhalb einer bestimmten Frist anzunehmen hat, wobei dieses Angebot nach den Vorstellungen der Parteien durch einen Schriftsatz an das Gericht angenommen werden kann, so bleibt der materiell-rechtliche Vergleich auch wirksam bei Scheitern des Zustandekommens eines Prozessvergleichs (Bremen NJW-RR 18, 1009 [OLG Bremen 28.03.2018 - 1 U 63/17]).

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