Rn 3

§ 27 ZPO schafft einen – nicht ausschließlichen – Wahlgerichtsstand für die in § 27 I abschließend aufgeführten Streitigkeiten (Bremen Beschl v 8.9.21 – 5 AR 3/21, Rz 6 – juris mwN). Der Hauptanwendungsfall dieses Merkmals sind positive oder negative Feststellungsklagen zwischen Erbprätendenten zur Klärung der Erbfolge, also der Frage, wer kraft gesetzlichen Erbrechts oder Verfügung von Todes wegen (ggf zu welcher Quote) im Hinblick auf einen Erbfall als Gesamtrechtsnachfolger in das Vermögen eines Verstorbenen eingetreten oder nicht eingetreten ist (Jena OLGR 01, 268). Da dem Erbschaftskauf ein Rechtsgeschäft unter Lebenden zu Grunde liegt, ist die klageweise Verfolgung etwaiger Ansprüche des Erbschaftskäufers ggü dem Erbschafsverkäufer (zB aus § 2374 BGB) ebenso wenig ein Fall des § 27 wie Rechtsstreitigkeiten, die das unter Lebenden (= Ehevertrag) vereinbarte Fortsetzungsrecht gem §§ 1483 ff BGB bei fortgesetzter Gütergemeinschaft betreffen (vgl statt vieler: MüKoZPO/Patzina § 27 Rz 5). Partei einer Feststellungsklage, die unter § 27 fällt, kann auch der Testamentsvollstrecker (Karlsr ZEV 05, 256) oder der Nachlasspfleger (BGH NJW 51, 559 [BGH 10.05.1951 - IV ZR 12/50]) sein, wobei die Prozessführungsbefugnis etwa des Vollstreckers als Partei kraft Amtes davon abhängt, ob der Prozess von seinen Verwaltungsaufgaben erfasst wird (Karlsr ZEV 05, 256 [OLG Karlsruhe 06.08.2004 - 14 U 205/02]). Ferner werden Feststellungsklagen des Nacherben, die sein (angebliches) Erbrecht betreffen, von § 27 erfasst (vgl statt Vieler: Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO § 27 Rz 5). Streiten die Parteien dagegen über die Nachlasszugehörigkeit einer Sache, so trägt eine diesbezügliche Feststellungsklage, so sie denn überhaupt zulässig ist, nichts zur Klärung der Erbfolge bei (Jena OLGR 01, 268) und fällt daher nicht unter § 27. Woraus eine Partei ihr str Erbrecht ableitet, ist für die Anwendung des § 27 unerheblich. Es werden daher auch diejenigen Feststellungsklageverfahren von § 27 erfasst, die von der maßgeblichen Vorfrage abhängen, ob das Erbrecht einer Partei infolge Anfechtung oder Widerrufs einer letztwilligen Verfügung (§§ 2078 ff BGB, 2253 ff BGB) oder Rücktritts vom Erbvertrag oder gemeinschaftlichen Testament (§§ 2293 ff BGB, ggf iVm § 2271 BGB) in Wegfall geraten ist. Demnach wäre es sinnwidrig, ausgerechnet die Konstellation des Wegfalls des Erbrechts infolge gerichtlich festgestellter Erbunwürdigkeit vom Anwendungsbereich des § 27 auszuschließen, nur weil es sich bei der Erbunwürdigkeitsklage gem § 2342 BGB rechtsdogmatisch um eine Gestaltungs- und nicht um eine Feststellungsklage handelt (KG NJW-RR 89, 455, 456). Außerdem besteht für die Anwendung des § 27 auf die Klage aus § 2342 BGB ein praktisches Bedürfnis, da es nach zutreffender hM zulässig ist, diese Klage im Wege uneigentlicher Eventualklagehäufung gemeinsam mit einer Klage nach § 2018 BGB zu verfolgen (vgl PWW/Deppenkemper § 2342 BGB Rz 1). Überdies spricht für die ganz hM, die die Eröffnung des Gerichtsstandes des § 27 für Klagen nach § 2342 BGB befürwortet (vgl statt Vieler: jurisPK/Hau § 2342 Rz 3), dass es bei diesen Klagen im Kern um die Erbfolge geht und überdies insoweit eine Nähe zur Feststellungsklage besteht, als ein auf eine Klage gem § 2342 BGB hin ergehendes Urt die Feststellung der Erbunwürdigkeit mit rechtsgestaltender Wirkung ausspricht (KG NJW-RR 89, 455, 456 [KG Berlin 18.01.1989 - 24 U 4354/88]).

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