Rn 11

Nur ein nach §§ 159 ff formgerecht protokollierter Vergleich hat verfahrensbeendende Wirkung und kann Vollstreckungstitel nach § 794 sein (BGHZ 10, 388, 390; Zweibr NJW-RR 92, 1408; BGH NJW 84, 1465, 1466). Aufgrund der Doppelnatur des Vergleichs kann ein wegen formeller Mängel in prozessualer Hinsicht unwirksamer Prozessvergleich materiellrechtlich Bestand haben (BGH NJW 85, 1962 [BGH 24.10.1984 - IVb ZR 35/83]). Insbesondere kann – sofern der Vergleich nach § 162 II 1 und 2 vorgelesen und genehmigt wurde – ein ohne den Protokollvermerk nach § 162 I 3 abgeschlossener Vergleich materiellrechtlich gem § 127a BGB die notarielle Beurkundung ersetzen. Hierbei ist der Beweis über die Einhaltung der Förmlichkeiten des § 162 II 1 und 2 ohne Beschränkung nach § 165 zu führen (BGHZ 142, 84, 88). Ein Verzicht auf die Einhaltung der Formvorschriften ist nicht wirksam (keine Heilung nach § 295). Allerdings kann es den Parteien im Einzelfall nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf die Formunwirksamkeit des Vergleichs zu berufen, insb wenn der Vergleich von beiden Seiten lange Zeit als wirksam angesehen und vollzogen wurde (BAG NJW 70, 349; vgl auch Brandbg NZG 21, 986 f: das den Rechtsmissbrauch aus widersprüchlichem Verhalten herleitet, wenn die sich auf die Formunwirksamkeit berufende Partei die im Vergleich begründeten Rechte zunächst für sich in Anspruch genommen hat). Zum gerichtlichen Vergleich im familiengerichtlichen Verfahren s Jokisch/Brandt FuR 20, 509, 565.

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