Rn 1

Die Vorschrift ermöglicht die ermessensgebundene Aussetzung, wenn sich im Laufe des Rechtsstreits der Verdacht einer strafbaren Handlung ergibt, deren Ermittlung voraussichtlich Tatsachen offenlegt, die für die Entscheidung des Zivilverfahrens von Bedeutung sind. Die strafbare Handlung muss nicht notwendigerweise von Prozessbeteiligten begangen worden sein. Auch ein gegen einen Dritten gerichtetes Ermittlungsverfahren kann Tatsachen aufdecken, die Entscheidungsrelevanz besitzen. Ein hinreichender Tatverdacht iSd § 203 StPO ist nicht erforderlich; es genügt, wenn ›zureichende tatsächliche Anhaltspunkte‹ iSd § 152 II StPO ein Einschreiten der Staatsanwaltschaft verlangen (St/J/Roth Rz 3). Auch Ordnungswidrigkeitenverfahren, insb im Verkehrsunfallprozess (vgl Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 3), nicht aber ehrengerichtliche Verfahren, dienstrechtliche Disziplinar- und parlamentarische Untersuchungsverfahren, können eine Aussetzung rechtfertigen (St/J/Roth Rz 6; Wieczorek/Schütze/Smid Rz 3; KG GWR 11, 359 [KG Berlin 16.06.2011 - 19 U 116/10]). Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss sich der Verdacht ›im Laufe des Rechtsstreits‹ ergeben. Diese zeitliche Einschränkung ist nicht sachgerecht: Es steht mit dem gesetzgeberischen Zweck in Einklang, auch einem bereits vor Beginn des Zivilverfahrens entstandenen Verdacht nachzugehen (BGH MDR 18, 1337 [BGH 24.04.2018 - VI ZB 52/16]).

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