Rn 3

Aus § 139 folgt für das Gericht eine Pflicht zur Kommunikation mit den Parteien, um Unklarheiten auszuräumen und auf sachgerechte Anträge hinzuwirken. Art 103 I GG gewährt dagegen dem Einzelnen lediglich ein Recht darauf, dass das Gericht sein Anliegen zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht. Eine Pflicht zum Rechtsgespräch oder eine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Gerichts ist dagegen verfassungsrechtlich nicht verbürgt (BVerfG NJW 17, 3218; NJW-RR 02, 69 [BVerfG 03.07.2001 - 1 BvR 1043/00]). § 139 geht insofern über Art 103 GG hinaus (BVerfGE 84, 188, 190 [BVerfG 29.05.1991 - 1 BvR 1383/90]; NJW-RR 05, 936, 937; NJW 17, 3218; BGH MDR 20, 2730), kann aber verletzt sein, wenn das Gericht seiner Entscheidung Sachvortrag zugrunde legt, ohne dass die Gegenseite die Möglichkeit zur Stellungnahme hatte (BVerfG NJW 21, 50; MDR 20, 1524 [BVerfG 17.09.2020 - 2 BvR 1605/16]; NJW 17, 3218 [BVerfG 01.08.2017 - 2 BvR 3068/14]; NJW 16, 1166 [BGH 16.12.2015 - XII ZB 450/13]). Soweit es allerdings um das in § 139 II 2 geregelt Verbot der Überraschungsentscheidung geht, wird eine Verletzung oft zugleich auch ein Grundrechtsverstoß sein, der mangels anderer Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung mit der Verfassungsbeschwerde gerügt werden kann.

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