Gesetzestext

 

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1. die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2. die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3. die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4. die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5. die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

A. Zweck.

 

Rn 1

Durch § 124 soll zunächst sichergestellt werden, dass PKH-Bewilligungen auch im Nachhinein der materiellen Rechtslage zum Zeitpunkt der Bewilligung angepasst werden können. Des Weiteren hat die Vorschrift Sanktionscharakter im Hinblick darauf, dass PKH entzogen werden kann, wenn unrichtige Angaben gemacht werden oder wenn die Partei ihren Verpflichtungen nach Abschluss des Verfahrens zur Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse oder den ihr auferlegten Zahlungen nicht nachkommt. Außerdem dient die Vorschrift dem Schutz der PKH-Partei, denn eine Aufhebung der einmal erfolgten Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nur unter den in der Vorschrift genannten Tatbestandsvoraussetzungen möglich. § 124 enthält eine abschließende Aufzählung der Aufhebungsgründe (Bambg JurBüro 93, 702; Hamm FamRZ 94, 1268). Eine erweiternde ergänzende Auslegung ist nicht zulässig (Schoreit/Groß/Groß Rz 9). Insbesondere darf keine Aufhebung erfolgen, wenn die Partei zwar richtige Angaben gemacht hat, das Gericht aber aufgrund dieser Angaben die Erfolgsaussichten über die persönlichen und wirtschaftlichen Kenntnisse falsch beurteilt hat (Bambg JurBüro 89, 12). Die gegenteilige Auffassung, bei greifbarer Gesetzeswidrigkeit einer Entscheidung sei eine ergänzende Auslegung zulässig (München JurBüro 84, 1851; Schneider MDR 85, 441), ist nicht zutr und zu Recht vereinzelt geblieben. Auch die Bewilligung von PKH ohne Antrag ist wirksam und kann nicht ohne die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 124 aufgehoben werden (Zweibr FamRZ 03, 1021; Saarbr OLGR 06, 410).

 

Rn 2

Inhaltlich ist die Aufhebung abzugrenzen von der Abänderung der PKH nach § 120a. Durch die Abänderung wird eine erfolgte PKH-Bewilligung lediglich abgeändert, selbst wenn diese Abänderung zur Folge hat, dass die Partei aufgrund einer Vermögenszuzahlung sämtliche Prozesskosten selbst zahlen muss, wie dies auch bei einer Aufhebung der Fall ist. Durch die Aufhebung entfällt die Wirkung der Prozesskostenhilfe, die Abänderung lässt diese bestehen.

 

Rn 3

Durch das PKHÄndG sind die Aufhebungsmöglichkeiten erweitert worden. Das ›kann‹ der Altregelung ist ersetzt worden durch eine Sollvorschrift, wodurch das bisherige Ermessen des Gerichts eingeschränkt wird.

B. Persönlicher und zeitlicher Geltungsbereich.

 

Rn 4

Die Vorschrift gilt für alle bedürftigen Parteien, seien es natürliche Personen oder die in § 116 genannten juristischen Personen, denen PKH bewilligt werden kann (Zö/Schultzky Rz 2). Es ist nicht Voraussetzung, dass das Verfahren bereits beendet ist. Die PKH kann sowohl während des laufenden Verfahrens, als auch nach Abschluss des Verfahrens entzogen werden. Eine zeitliche Grenze von vier Jahren nach der Beendigung des Verfahrens gibt es nur für den Tatbestand der Nr 3, nämlich dann, wenn die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben.

C. Die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen.

I. Unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses Nr 1.

 

Rn 5

Die PKH soll aufgehoben werden, wenn die Partei die für die Bewilligung der PKH maßgebenden Voraussetzungen durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses vorgetäuscht hat.

1. Objektive Voraussetzungen.

 

Rn 6

Objektiv ist erforderlich, dass die Darstellung des Streitverhältnisses durch die Partei von der objektiv vorliegenden Wirklichkeit differiert. Das Verhalten der Partei kann in einem aktiven Tun, aber auch in einem Unterlassen liegen. Hierzu gehören das falsche Vortragen von Tatsachen (Naumbg OLGR 03, 332). Stellt sich der Vortrag der Partei durch eine im Verfahren durchgeführte Beweisaufnahme als unrichtig heraus, reicht das allein nicht aus, um eine Aufhebung der PKH zu rechtfertigen (Ddorf Fa...

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