Gesetzestext

 

(1) 1Das Schiedsgericht hat die Streitigkeit in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften zu entscheiden, die von den Parteien als auf den Inhalt des Rechtsstreits anwendbar bezeichnet worden sind. 2Die Bezeichnung des Rechts oder der Rechtsordnung eines bestimmten Staates ist, sofern die Parteien nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart haben, als unmittelbare Verweisung auf die Sachvorschriften dieses Staates und nicht auf sein Kollisionsrecht zu verstehen.

(2) Haben die Parteien die anzuwendenden Rechtsvorschriften nicht bestimmt, so hat das Schiedsgericht das Recht des Staates anzuwenden, mit dem der Gegenstand des Verfahrens die engsten Verbindungen aufweist.

(3) 1Das Schiedsgericht hat nur dann nach Billigkeit zu entscheiden, wenn die Parteien es ausdrücklich dazu ermächtigt haben. 2Die Ermächtigung kann bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts erteilt werden.

(4) In allen Fällen hat das Schiedsgericht in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Vertrages zu entscheiden und dabei bestehende Handelsbräuche zu berücksichtigen.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Norm statuiert ein eigenes Kollisionsrecht für das Schiedsgericht (Kondring ZIP 17, 706). Sie ist gem § 1025 I nur dann anzuwenden, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in Deutschland liegt. Die Norm überwindet verschiedene Schwierigkeiten, die das Recht vor 1998 noch enthalten hatte. Vor allem aber stellt die Norm klar, dass und unter welchen Bedingungen das Schiedsgericht nach Billigkeit entscheiden kann. Diese Möglichkeit der Lockerung der Abhängigkeit eines Schiedsgerichts vom zwingenden materiellen Recht ist eine der wesentlichen Besonderheiten des schiedsgerichtlichen Verfahrens. Ähnlich wird im Vorfeld zu streitigen Entscheidungen nicht selten auch im Bereich der Mediation betont, dass eine der großen Vorzüge einer solchen außergerichtlichen Streitbeilegung die Möglichkeit ist, sich vom strikten Recht zu lösen.

Insgesamt ist die Norm also eine zentrale Regelung des Kollisionsrechts und der jeweiligen Rechtsanwendung überhaupt. Die Norm dient damit der Rechtsklarheit und schafft nach dem Willen der Parteien zugleich Flexibilität.

B. Grundlagen und Systematik.

I. Fragestellung.

 

Rn 2

Bei der Frage des anwendbaren Rechts ist zunächst zu unterscheiden, welchem Recht die zu Grunde liegende Schiedsvereinbarung untersteht, welches Verfahrensrecht das Schiedsgericht anwendet und schließlich welches Recht der inhaltlichen Entscheidung zu Grunde liegt, wobei hier noch einmal Kollisionsrecht und Sachrecht zu trennen sind. Zu weitergehenden Fragen bei Auslandsbezug vgl § 1029 Rn 6.

II. Das anwendbare Verfahrensrecht.

 

Rn 3

Nach §§ 1043, 1025 I wendet das Schiedsgericht zwingend deutschen Verfahrensrecht an, wenn es sich um ein inländisches Schiedsverfahren handelt. Die Bestimmung des Ortes des Schiedsverfahrens ist also ausschlaggebend für das anwendbare Verfahrensrecht. Zu den Einzelheiten s.o. § 1025 Rn 26 f und § 1043 Rn 3.

III. Das Recht der Schiedsvereinbarung.

 

Rn 4

Denkbar wäre es im Einzelfall, zwischen dem anwendbaren Verfahrensrecht und dem der Schiedsvereinbarung zu Grunde liegenden Recht eine Aufspaltung vorzunehmen. Allerdings wird es wohl regelmäßig dem Willen der Parteien entsprechen, dass das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht auch das Recht des Schiedsverfahrens ist (Zö/Geimer § 1025 Rz 9). Ist eine Rechtswahl für die Schiedsvereinbarung nicht getroffen, so sollte der Ort des Schiedsgerichts (§ 1043) maßgeblich sein. Ungelöst bleibt dann nur der Fall, dass der Schiedsort noch nicht bestimmt ist. Für diesen Fall ist § 1025 III anzuwenden, der eine Rechtsschutzlücke verhindert.

IV. Das anwendbare Sachrecht.

 

Rn 5

Die Frage nach dem vom Schiedsgericht anzuwendenden Sachrecht ist in § 1051 geregelt. Nach dieser Norm ist in erster Linie zu trennen, ob das Gericht das anzuwendende Recht aus dem Parteiwillen zu entnehmen hat oder ob eine Entscheidung des Schiedsgerichts auf der Basis erforderlich ist, dass eine Parteivereinbarung über das anzuwendende Recht nicht existiert. Schließlich enthält § 1051 die Möglichkeit, dass eine Entscheidung des Schiedsgerichts nach Billigkeit ergeht (Abs 3).

C. Entscheidungsmaßstab nach dem Parteiwillen.

 

Rn 6

Die Parteien haben grds die Kompetenz, das auf die Entscheidung des Schiedsgerichts anwendbare Recht oder die anwendbare Rechtsordnung zu vereinbaren. Sie können dabei eine Gesamtrechtsordnung vereinbaren, sie können aber auch Vorschriften aus verschiedenen einzelnen Rechtsordnungen wählen und zusammenstellen. Möglich ist es den Parteien ferner, auf internationaler Ebene erarbeitete Regelwerke zu wählen. Schließlich können die Parteien durch die Wahl der Schiedsordnung eines institutionellen Schiedsgerichts zugleich die Rechtswahl vornehmen. Theoretisch können die Parteien sogar selbst Rechtsregeln aufstellen und diese selbst gebildeten Regeln als Entscheidungsmaßstab dem Schiedsgericht vorgeben. Streitig ist, ob die Parteien die Schiedsrichter ermächtigen können, eine Rechtswahl zu treffen. Man wird auch dies zulassen müssen (Zö/Geimer § 1051 Rz 3; aA MüKoZPO/Münch § 1051 Rz 15).

Die Wahl des anwendbaren Rechts durch den Parteiwillen ist formlos möglich. Haben die Parteien sich in einer der genannten Formen auf da...

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