Gesetzestext

 

(1) 1Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so kann das Schiedsgericht einen oder mehrere Sachverständige zur Erstattung eines Gutachtens über bestimmte vom Schiedsgericht festzulegende Fragen bestellen. 2Es kann ferner eine Partei auffordern, dem Sachverständigen jede sachdienliche Auskunft zu erteilen oder alle für das Verfahren erheblichen Dokumente oder Sachen zur Besichtigung vorzulegen oder zugänglich zu machen.

(2) 1Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so hat der Sachverständige, wenn eine Partei dies beantragt oder das Schiedsgericht es für erforderlich hält, nach Erstattung seines schriftlichen oder mündlichen Gutachtens an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen. 2Bei der Verhandlung können die Parteien dem Sachverständigen Fragen stellen und eigene Sachverständige zu den streitigen Fragen aussagen lassen.

(3) Auf den vom Schiedsgericht bestellten Sachverständigen sind die §§ 1036, 1037 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Durch die Regelung spezieller Fragen zum Sachverständigenbeweis hebt das Gesetz dieses Beweismittel in bemerkenswerter Weise hervor. Angesichts des weiten Spielraums, den ein Schiedsgericht bei Beweisfragen hat (§ 1042 IV 2), wären die Regelungen dieser Norm überwiegend nicht zwingend erforderlich gewesen. Durch die Festlegung und die Hervorhebung einzelner Aspekte wird freilich verstärkt Rechtssicherheit erzielt.

B. Grundlagen des Beweisrechts.

 

Rn 2

Die Grundlagen des Beweisrechts im schiedsrichterlichen Verfahren sind in § 1042 IV 2 festgelegt. Danach ist das Schiedsgericht im Wesentlichen frei, ob und wie es eine Beweisaufnahme anordnet und durchführt und welche konkreten Beweisbeschlüsse es formuliert. Das Schiedsgericht ist ferner nicht an Regeln über die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme gebunden und es ist nicht auf die Beweismittel der ZPO beschränkt. Nach den Grundprinzipien des Freibeweises kann das Schiedsgericht jeden relevanten Vorgang beweisrechtlich heranziehen, beachten und würdigen. Entgegen dem Wortlaut von § 1042 IV 2 (›ist berechtigt‹) ist das Schiedsgericht an den Grundsatz der freien Beweiswürdigung zwingend gebunden.

Von diesen Grundsätzen weicht § 1049 insofern ab, als er den Sachverständigenbeweis zunächst der Parteivereinbarung unterstellt. Den Parteien ist es also möglich, aus Kostengründen oder aus anderen Erwägungen heraus eine Vereinbarung zu treffen, wonach der Sachverständigenbeweis ausgeschlossen ist. Auch eine nur beschränkte Heranziehung eines Sachverständigen können die Parteien vereinbaren. Von den Besonderheiten einer Parteivereinbarung abgesehen regelt § 1049 den Sachverständigenbeweis in Übereinstimmung mit den allg Regeln zum Beweisrecht und zum schiedsrichterlichen Verfahren. Für den Gegenstand und das Wesen des Sachverständigenbeweises sind also die §§ 402 ff heranzuziehen. Für eine Abgrenzung von Zeuge und Sachverständigem gelten ebenfalls die Regeln der §§ 373, 402. Soweit das Schiedsgericht oder eine Partei mit Zustimmung des Schiedsgerichts iRv Beweisvorgängen Unterstützung durch das staatliche Gericht benötigt, kann dies nach § 1050 beim staatlichen Gericht beantragt werden. Auch in einem solchen Fall gelten die gesetzlichen Regeln über die Beweisaufnahme der ZPO (§ 1050 S 2).

C. Der gerichtliche Sachverständige.

I. Zuziehung.

 

Rn 3

Nach Abs 1 S 1 kann das Gericht nach seinem freien Ermessen einen oder mehrere Sachverständige zur Erstattung eines Gutachtens bestellen. Das Ermessen knüpft nicht an die Sachkunde des Sachverständigen an (Gramlich SchiedsVZ 19, 233, 237). Das Schiedsgericht ist befugt, die vom Sachverständigen zu bearbeitenden Fragen festzulegen. Diese Freiheit des Schiedsgerichts ist sowohl aus der Sicht der §§ 144, 402 ff wie aus der Sicht von §§ 1042 IV 2, 1049 eine Selbstverständlichkeit. Allerdings steht die Zuziehung des Sachverständigen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Vereinbarung durch die Parteien. Das Schiedsgericht kann nach seinem Ermessen und nach seiner Einschätzung des Bedarfs an Sachkunde den oder die Sachverständigen frei auswählen. Es wird dabei die persönliche und fachliche Eignung sowie die Unparteilichkeit des Sachverständigen berücksichtigen. Angesichts der fehlenden staatlichen Verpflichtung setzt die Tätigkeit des Sachverständigen voraus, dass mit ihm ein privatrechtlicher Vertrag zustande gekommen ist. Diesen Vertrag schließt das Schiedsgericht im Namen und mit Vollmacht der Schiedsparteien. Die Übernahme eines Gutachtens als Sachverständiger ist im Regelfall ein Werkvertrag (§ 631 BGB).

II. Gegenstand des Gutachtens.

 

Rn 4

Die Heranziehung eines Sachverständigen durch das Schiedsgericht ist zu jeder Frage denkbar, die auch in einem staatlichen Verfahren für ein Sachverständigengutachten offen stünde. Das Schiedsgericht kann den Sachverständigen also zur Klärung tatsächlicher wie rechtlicher Fragen beauftragen. Dies betrifft insb Rechtsfragen des § 293. Aber auch darüber hinaus kann sich ein Schiedsgericht durch Sachverständige rechtlich beraten lassen. Hierin zeigt sich der weitergehende Spielraum des Schiedsgerichts ggü einem staatlichen Gericht.

III. Anleitung des Sachverständigen.

 

Rn 5

Im Verfahren vor dem staatlich...

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