Rn 3

Die in Abs 2 postulierte materielle Rechtskraft des Musterentscheids soll dessen konkrete Aussagen zu den Feststellungszielen des Musterverfahrens umfassen (BTDrs 17/8799, 26). Dabei ist es irrelevant, ob es sich um positive oder negative Feststellungen handelt, dh auch die Feststellung, dass ein Prospekt in bestimmter Hinsicht nicht fehlerhaft ist, ist von der Rechtskraft umfasst (vgl KG 3.3.09 Az 4 Sch 2/06 KapMuG Rz 245). Nähme man den Begriff der materiellen Rechtskraft hier ernst, so müsste diese sich wohl nicht nur auf das bereits anhängige Ausgangsverfahren erstrecken, sondern die Parteien des Musterverfahrens auch in weiteren Prozessen binden, soweit deren Entscheidung von der im Musterentscheid beantworteten Sach- oder Rechtsfrage abhängt (so KK-KapMuG/Hess Rz 9). Dagegen spricht aber, dass das Musterverfahren primär als Vorlageverfahren konzipiert ist, so dass eine Bindung an seine Ergebnisse über die ausgesetzten Verfahren hinaus systemwidrig wäre (vgl Vorwerk/Wolf Rz 4). Auch die Regierungsbegründung zum KapMuG 2012 scheint zu konzedieren, dass etwa eine ›Rechtskraftwirkung für abstrakte Entscheidungen zur Auslegung materiellen Rechts‹ über das Ausgangsverfahren hinaus nicht in Betracht kommt und bezieht den Begriff der Rechtskraft auf den Lebenssachverhalt der Ausgangsverfahren (BTDrs 17/8799, 26).

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