Rn 56

Dies sind solche, die in Abs 3 S 1 nicht genannt sind, aber zulässig sein müssen. Unter Änderung der Geschäftsverteilung wird dabei jede Änderung des Geschäftsverteilungstextes verstanden. Unbenannte Änderungen sind:

 

Rn 57

Änderungen der Zuständigkeiten des Gerichts im laufenden Geschäftsjahr. Für diese gilt der Vorbehalt des materiellen oder formellen Gesetzes. Sie kann durch Parlamentsgesetz im Laufe des Geschäftsjahres bewirkt werden, wenn eine Zuständigkeit bei einem bestimmten Gericht dieser Art (zB dem LG am Sitz des Oberlandesgerichts) konzentriert wird, diesem also mehr Sachen zugewiesen werden, die gleichzeitig den anderen Gerichten gleicher Art entzogen werden, ferner durch Begründung der Zuständigkeit eines höheren Gerichts im Instanzenzug, bei dem die Sachen also erstmals anfallen, während sie bei den nachgeordneten Gerichten zum Stichtag als richterliche Geschäfte wegfallen.

Änderungen können auch durch die parlamentsgesetzlich zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigte Exekutive bewirkt werden (etwa zum richterlichen Bereitschaftsdienst gem § 22c, ferner auf Amtsgerichtsebene gem §§ 23c, 58, auf Landgerichtsebene gem §§ 78, 78a, 93 oder auf OLG-Ebene gem § 116 II).

 

Rn 58

Parlamentsgesetzlich kann auch der Gerichtssprengel geändert werden, mit der idR die örtliche Zuständigkeit des Gerichts an geänderte kommunale Strukturen der Kreise und Gemeinden angeglichen werden.

 

Rn 59

Alle diese zumeist zu einem Stichtag nach dem Vorbehalt und dem Vorrang des Gesetzes bewirkten Zuständigkeitsänderungen, die nicht mit dem Beginn des Geschäftsjahres eintreten, führen gerichtsintern im laufenden Geschäftsjahr zu einer Mehrung bzw einer Minderung der Rechtsprechungsaufgaben des Gerichts, denen durch eine Änderung der Geschäftsverteilung gerichtsintern Rechnung getragen werden muss. In der Sache handelt es sich um einen speziellen, nämlich gesetzlich bewirkten Fall der Über- oder Unterlastung eines Richters oder Spruchkörpers iSd Abs 3 S 1. Bei diesem Verständnis stellt sich die Frage der analogen Anwendung der Norm nicht.

 

Rn 60

Korrekturen zur Behebung von Textwidersprüchen, Unklarheiten oder zur Schließung von Lücken im Geschäftsverteilungsplan sind zulässig. Hier geht es um die Korrektur von Mängeln des Beschlusstextes, insb zur Behebung von mehrdeutigen Formulierungen, die bei der Anwendung des Geschäftsverteilungsplanes zu Auslegungsschwierigkeiten führen, ferner zur Behebung von Regelungslücken (zB die Versäumung der Bestimmung des Überwachungsrichters nach § 148a StPO oder des Zurückverweisungsspruchkörpers nach §§ 210 III oder 354 II StPO), die der Jahresgeschäftsverteilungsplan versehentlich aufweist. Diese Korrektur wirkt ex nunc. Eine bewusste Regelungslücke, die aufgrund einer einhelligen, aber fehlerhaften Auslegung des vorrangigen Gesetzestextes in den Geschäftsverteilungsplan gelangt ist, kann geschlossen werden, aber nicht rückwirkend, weil Präsidiumsbeschlüssen keine Rückwirkung zukommen kann.

 

Rn 61

Zuständig für die Feststellung des Vorliegens der gesetzlich zulässigen Änderungsgründe in Abs 3 S 1 ist das handlungsbefugte Präsidium (MüKoZPO/Pabst § 21e GVG Rz 52). Der Handlungsspielraum des Präsidiums steht ebenfalls im Ermessen des Präsidiums, funktional jedoch beschränkt auf die Notwendigkeit des Änderungsumfangs und des verfassungsrechtlichen Verbots der Zuweisung einzelner Rechtssachen (BVerfG NJW 03, 345 [BVerfG 27.09.2002 - 2 BvR 1843/00]; 05, 2689 [BVerfG 16.02.2005 - 2 BvR 581/03]).

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