Rn 11

Gemäß Abs 1 S 4 kann jeder zu verteilende Richter mehreren Spruchkörpern angehören. Diese Auswahl und Zuweisungsentscheidung steht im Ermessen der Präsidiumsmitglieder, und zwar im pflichtgemäßen Ermessen im Hinblick auf die Aufgabe des Präsidiums, den Richtern und Spruchkörpern im Wege der Sach- und Richterverteilung eine optimale Erfüllung der Justizgewährungspflicht zu ermöglichen. Deshalb gilt für die Präsidiumsmitglieder zur Meidung eines pflichtwidrigen Ermessensfehlgebrauchs ein Verbot der Selbstbedienung. Die sein Ermessen bindende Funktion des Präsidiums, die Richterverteilung und die Spruchkörperbesetzung so vorzunehmen, dass eine optimale Justizgewährung durch das Gericht iRd sachlichen Zuständigkeit des Richters bzw Spruchkörpers gewährleistet wird, schließt es ferner aus, diese Richterverteilung nach den Grundsätzen der Bestenauslese iSd Art 33 II GG vorzunehmen (BVerfG Beschl v 28.11.07 – 2 BvR 1431/07, Rz 10) oder bei der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplanes solche Entscheidungen zu treffen, die sich als eine dem Disziplinarrecht vorbehaltene Reaktion auf ein dienstliches Fehlverhalten (sog ›verdeckte Disziplinarmaßnahme‹) darstellen (BVerfG, Beschl v 25.8.16 – 2 BvR 877/16, Rz 24; OVG Hamburg, Beschl v 25.6.18 – 3 Bs 73/18).

 

Rn 12

Die von Abs 1 S 4 zugelassene Zuweisung eines Richters zu mehreren Spruchkörpern findet eine Ermessensgrenze auch in dem Anspruch des Richters auf eine effiziente Ausübung des ihm anvertrauten Rechtsprechungsamtes. Damit ist die Anzahl der Spruchkörper beschränkt, denn die Mitwirkung in einer Vielzahl von Spruchkörpern darf den Richter nicht zum reinen Sitzungsvertreter machen, der durch einen erdrosselnden Sitzungsdienst an einer eigenständigen Wahrnehmung seiner Rspr als Einzelrichter oder Berichterstatter gehindert ist. Das wäre Ermessensmissbrauch.

 

Rn 13

Abs 1 S 4 gilt auch für Vorsitzende Richter (BGHZ 28, 290, 292; Werner NJW 07, 2671, 2672f). Mit Blick auf die Richtung weisende Funktion des Spruchkörpervorsitzenden, insb des Vorsitzenden im überbesetzten Spruchkörper besteht aber eine Ermessensgrenze für den Umfang dieser Mehrfachzuweisung. Sie ist nur zulässig, wenn er in jedem Spruchkörper die Tätigkeit des Vorsitzenden überwiegend (regelmäßig mind 75 %) wahrnehmen kann (BGH NJW-RR 17, 635, 637 [BGH 05.10.2016 - XII ZR 50/14] Rz 27; MüKoZPO/Pabst § 21e GVG Rz 33).

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