Rn 10

Den Vorsitz führt kraft Gesetzes (als ›geborenes Mitglied‹ des Präsidiums) der Präsident oder der Aufsicht führende Richter (Direktor) des Gerichts. Das gilt in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht für das Amtsgericht mit einem Gesamtpräsidium nach Abs 2 Nr 5. Dieses Amtsgericht verfügt zwar über einen die allgemeine Dienstaufsicht führenden Direktor; gem § 22a als lex specialis ist ihm jedoch abw von Abs 2 nicht der Vorsitz über das Gesamtpräsidium zugewiesen, sondern dem Präsidenten des übergeordneten Landgerichts oder dem Aufsicht führenden Präsidenten eines anderen Amtsgerichts. Da diese Vorsitzenden des Präsidiums bei dem Amtsgericht, dessen Gesamtpräsidium sie gem § 22a vorsitzen, kein Richteramt haben, werden gegen 22a beachtliche verfassungsrechtliche Bedenken erhoben, die auf der Tatsache beruhen, dass diese Vorsitzenden dem Gesamtpräsidium aufgrund ihrer Dienstaufsicht angehören. Das sei mit dem durch Art 101 I 2 GG gewährleisteten Prinzip der Bestimmung des gesetzlichen Richters unter Ausschließung exekutivischer Mitwirkung bei der Bestimmung des gesetzlichen Richters unvereinbar (Remus S 319 ff, 322f). Dem ist nur im Ausgangspunkt, nämlich insoweit zuzustimmen, als § 22a ohne Not an die Ausübung der Dienstaufsicht anknüpft. Gleichwohl bleibt der nach § 22a Präsidiumsmitglied gewordene Präsident zugleich Richter. Kraft Gesetzes gehört er dem Gesamtpräsidium des Amtsgerichts ebenso nur in seiner Eigenschaft als unabhängiger Richter an (Kissel/Mayer § 22a Rz 1), nicht als Organ der Justizverwaltung (BGH Beschl v 15.11.21 – ARNot 1/21 Rz 13), wie auch dem Präsidium seines Gerichts (so auch Remus S 150), über dessen Richter er gleichfalls die Dienstaufsicht ausübt und nur deshalb Präsidiumsmitglied ist (Abs 2). Dass Richter an der Geschäftsverteilung mitwirken, die iÜ beim Amtsgericht kein Richteramt inne haben, trifft auch auf den amtsgerichtlichen Bereitschaftsdienst zu (§ 22c I 4) und stellt per se keinen Akt exekutivischer Mitwirkung dar.

Die gerichtsverfassungsrechtlichen Verweisungen der Fachgerichtsbarkeiten beziehen sich nur auf die Regelungen des Zweiten Titels, zu denen § 22a nicht gehört, sodass in der Fachgerichtsbarkeit auch bei Gesamtpräsidien ein Vorsitz durch den gerichtsfremden Präsidenten grds nicht vorgesehen ist.

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