Rn 9

Die Vorlage setzt die Durchführung des in Abs 3 geregelten Anfrageverfahrens bei allen Senaten voraus, die eine divergierende Rechtsansicht in den tragenden Gründen einer Entscheidung geäußert haben (Zö/Lückemann Rz 5; MüKoZPO/Pabst Rz 13) oder – zur Sicherung einer einheitlichen Rspr, über den Gesetzeswortlaut hinausgehend – die mit der Rechtsfrage befasst werden könnten (BGH NJW 11, 240, 244 [BGH 09.11.2010 - 5 StR 394/10]). Die Anfrage verpflichtet die Senate jedoch nicht, bei ihnen bereits anhängige Verfahren bis zur Entscheidung im Vorlageverfahren auszusetzen oder ebenfalls den Großen Senat anzurufen (Zö/Lückemann aaO; MüKoZPO/Pabst aaO). Auch der anfragende Senat kann während des Anfrageverfahrens weiter auf Grundlage der bisherigen Rspr entscheiden (BGH NJW 17, 1559 [BGH 22.09.2016 - 2 StR 27/16] zur Entscheidung einer anderen Sitzgruppe des anfragenden Senats, näher zur Problematik der Binnendivergenz Lorenz JR 18, 128, 131 ff). Hält der Senat, dessen frühere Entscheidung Anlass zur Divergenzvorlage ist, auf Anfrage an seiner Rechtsauffassung nicht fest, ist die Vorlage entbehrlich geworden. Lässt sich der anfragende Senat von den Argumenten des angefragten Senats, der an seiner Rechtsauffassung festhält, überzeugen, entfällt die Notwendigkeit einer Vorlage (Böffel GVRZ 22, 14 Rz 84). Über die Anfrage und die darauf ergehende Antwort entscheiden die jeweiligen Senate in Beschlussform, und zwar in der für Urteile erforderlichen Besetzung (Abs 3 S 3). Das sind für die Anfrage die Richter des erkennenden Senats; für die Antwort sind es die Richter, die nach der senatsinternen Geschäftsverteilung zuständig wären, auch wenn sie an der früheren divergierenden Entscheidung nicht mitgewirkt haben (BeckOKGVG/Graf Rz 15). Besteht der zu befragende Senat wegen einer Änderung der Geschäftsverteilung nicht mehr oder ist er für die Rechtsfrage nicht mehr zuständig, tritt an seine Stelle der nunmehr zuständige Senat (Abs 3 S 2). Der ›Anfragebeschluss‹ ist den Verfahrensbeteiligten formlos bekannt zu geben (§ 329 II ZPO).

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