I. Grundlagen.

 

Rn 25

Die von § 1 GVG nicht umfasste persönliche Unabhängigkeit (›Unabsetzbarkeit‹) der Richter, die sie allg vor Eingriffen in ihre dienstliche Stellung als solche schützt, hat ebenfalls Verfassungsrang und gilt daher für die Richter aller Gerichtsbarkeiten gleichermaßen. Beide Aspekte der richterlichen Unabhängigkeit lassen sich nicht ›trennscharf‹ voneinander abgrenzen.

II. Anwendungsbereich.

 

Rn 26

Der einschlägige Art 97 II 1 GG schützt, anders als bei der für alle Richter geltenden sachlichen Unabhängigkeit, nur die persönliche Rechtsstellung der hauptamtlichen und planmäßigen Richter auf Lebenszeit in Bezug auf vorzeitige Amtsenthebungen, Absetzungen und Versetzungen gegen ihren Willen. Solche Maßnahmen sind danach, insb hinsichtlich des einzuhaltenden Verfahrens, sowohl einem speziellen Gesetzesvorbehalt als auch einem eigenen Richtervorbehalt unterworfen. Für Richter auf Probe (§ 12 DRiG) und für Richter kraft Auftrags (§§ 1416 DRiG) gelten Einschränkungen. Die Einzelheiten sind in den Regelungen der §§ 25 ff DRiG zu finden, insb was die engen Voraussetzungen für Versetzungen (§§ 30, 31 DRiG) oder für die Übertragung eines anderen Richteramts aus Gründen einer Änderung der Gerichtsorganisation (§ 32 DRiG) betrifft. Abordnungen von Richtern auf Lebenszeit sind von deren Zustimmung abhängig (§ 37 DRiG). Das gilt auch für ungeachtet des § 27 II GVG grds zulässige (Teil-)Abordnungen an andere Gerichte außerhalb der §§ 22, 59 GVG (BGH NJW 09, 381 [BGH 10.12.2008 - 1 StR 322/08]).

III. Sicherung sachlicher durch persönliche Unabhängigkeit.

1. Grundsatz.

 

Rn 27

Gericht iSd GG ist ein Gremium nach der stRspr des BVerfG nur dann, wenn seine berufsrichterlichen Mitglieder grds hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellt sind (so schon BVerfG NJW 56, 137). Die Verfassung geht daher davon aus, dass insb der Einsatz von Richtern auf Probe (§ 12 DRiG) in den Grenzen erfolgt, die sich aus der Notwendigkeit, Nachwuchs heranzubilden, oder aus anderen zwingenden Gründen ergeben (BVerfG NVwZ 07, 693 [BVerfG 28.02.2007 - 2 BvR 2494/06]). Dies folgt aus der durch Art 97 I GG geschützten sachlichen richterlichen Unabhängigkeit, die ihrerseits durch die den hauptamtlich und planmäßig angestellten Richtern in Art 97 II GG garantierte persönliche Unabhängigkeit ergänzt und letztlich durch sie gesichert wird. Sie können danach ua vor Ablauf ihrer Amtszeit gegen ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus gesetzlich bestimmten Gründen entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Verwendung von Richtern auf Probe ohne diese Garantie der persönlichen Unabhängigkeit (vgl Art 97 I 1 GG, § 13 DRiG), die allg die Amtsbezeichnung Richter führen und zB auch bei der Staatsanwaltschaft Verwendung finden können (§ 19a Abs. 3 DRiG, dazu zB BGH NStZ-RR 07, 88), muss daher die Ausnahme bleiben. Die Verwendung der Richter auf Probe ist auf deren Erprobung auszurichten. Sie sind insb keine Personalreserve, mit der Defizite in der Personalplanung bei unzureichend mit Planstellen ausgestatteten Gerichten ›gestopft‹ werden dürfen (VG Dresden BDVR-Rundschreiben 99, 138).

2. Wirtschaftliche Existenzsicherung.

 

Rn 28

Die persönliche Unabhängigkeit ist untrennbar mit der Gewährung einer gesicherten wirtschaftlichen Existenzgrundlage über die entspr Besoldung verbunden. Nach Art 97 II und 92 GG müssen Berufsrichter grds hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellt sein (BVerfG NJW 62, 1495; zuvor Rn 26). IRd Neuordnung der Besoldung im öffentlichen Dienst wurde in allen Bundesländern die Möglichkeit der Integration zusätzlicher finanzieller Leistungsanreize nicht nur für Beamte, sondern auch für Richter diskutiert. Solche sind mit der richterlichen Unabhängigkeit, und zwar zunächst unter dem Aspekt sachlicher Unabhängigkeit generell nicht zu vereinbaren. Ganz besonders, soweit es auch bei dieser Diskussion letztlich um eine Prämierung von ›Erledigungszahlen‹ geht, ist eine Vereinbarkeit mit Art 97 I GG nicht vorstellbar. Eine der Überprüfung an diesem Maßstab Stand haltende abstrakte Formulierung von ›Zulagetatbeständen‹ wurde vielfach versucht; sie ist indes auch Befürwortern solcher Differenzierungen bei der Besoldung, etwa bei Übernahme von Dauervertretungen oder von Aufgaben in der Gerichtsverwaltung, nicht gelungen und muss letztlich aus der Natur der Sache heraus wegen der Unzulässigkeit der Quantifizierung richterlicher Arbeit als solcher scheitern. Abgesehen von der sich aufdrängenden Problematik, wer zB am Ende eines Geschäftsjahres nach welchen Kriterien über die Verteilung derartiger Sondergratifikationen entscheiden sollte, ist darüber hinaus auch in diesem Bereich die quasi natürlich vorgegebene unterschiedliche Leistungsfähigkeit im richterlichen Bereich, sei es hinsichtlich der Erledigungszahlen, sei es mit Blick auf die inhaltliche Qualität, hinzunehmen. Wo die Unabhängigkeit von einzelnen Richtern eklatant auf Kosten der Kolleginnen und Kollegen idS missbraucht wird, lassen sich andere Mechanismen nutzbar machen.

3. Dienstzeiten.

 

Rn 29

Der Aspekt der persönlichen Unabhängigkeit u...

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