Rn 2

§ 96a I betrifft den Fall, dass ein Anspruch auf Duldung einer Probeentnahme zur Klärung der leiblichen Abstammung eines Kindes nach § 1598a BGB rechtskräftig tituliert worden ist. Typischerweise wird die Entnahme einer Speichel- oder Blutprobe angeordnet. Die Vollstreckung dieses Anspruchs erfolgt grds nach § 95 I Nr 4 FamFG iVm § 890 ZPO durch die Verhängung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft. Unter den Voraussetzungen des § 96a II ist auch der Einsatz von unmittelbarem Zwang möglich.

 

Rn 3

Eine Vollstreckung des rechtskräftigen Titels scheidet nach § 96a I aus, wenn die Art der Probeentnahme dem Verpflichteten nicht zugemutet werden kann. Dies ist jedoch nur anzunehmen, wenn die Untersuchung für den Verpflichteten erhebliche gesundheitliche Schäden zur Folge hätte (BTDrs 16/6561, S 16). Weitere erb-, unterhalts- oder vermögensrechtliche Folgen der Untersuchung sind hingegen bei der Frage nach der Zumutbarkeit der Untersuchung nicht zu berücksichtigen. Gleiches gilt für mögliche Konsequenzen der Untersuchung für den ehelichen Frieden, für den Verlust des Berufs oder auch für strafrechtliche Folgen (Inzestverbot). Schließlich führen auch entgegenstehende religiöse Überzeugungen nicht zu einer Unzumutbarkeit, sodass auch von Mitgliedern der Religionsgemeinschaft ›Zeugen Jehovas‹ Blut abgenommen werden kann (Nürnbg FamRZ 96, 1155), wenn und soweit die Speichelprobe als weniger einschneidendes Mittel ausscheidet.

 

Rn 4

Da bei einer Speichelprobe erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen für den Verpflichteten kaum denkbar sind, sind Fälle des § 96a I äußerst selten. Sie beschränken sich auf Situationen, in denen der momentane Gesundheitszustand des Verpflichteten so schlecht ist, dass jegliche weitere Belastung unbedingt vermieden werden muss.

 

Rn 5

Der Verpflichtete muss den Einwand der Unzumutbarkeit, wenn er zu einer Vorführung abgeholt wird, gegenüber dem Gerichtsvollzieher erklären, der hierüber in freier Beweiswürdigung selbst entscheidet (Keidel/Giers Rz 3). Gegen eine Verhängung von Ordnungsmitteln nach §§ 890, 891 ZPO oder gegen die Anordnung von unmittelbarem Zwang nach Abs 2 kann der Verpflichtete die sofortige Beschwerde nach § 87 IV erheben.

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