Rn 3

Beweiswürdigung ist das Verfahren zur richterlichen Prüfung, ob ein Beweis gelungen ist. Kern dieses Grundsatzes ist also ein innerer Vorgang mit dem Ziel, dass der Richter sich eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen verschafft. Grundlage dieser Würdigung ist der gesamte Inhalt des Verfahrens, also alle schriftlichen und mündlichen Vorgänge sowie alle Beweisführungen. Die subjektive Würdigung durch den Richter bedeutet nicht, dass es sich dabei um ein rein subjektives Meinen oder Glauben des Richters handelt. Bei seiner eigenen Wahrnehmung (Augenschein, Urkunde) und bei der Übernahme fremder Wahrnehmungen (Zeuge), schließlich bei der Übernahme fremder Fachkunde (durch Sachverständige), ist der Richter insoweit an objektive Vorgaben gebunden, als er die Denkgesetze, die zwingenden Erfahrungsgesetze sowie die Naturgesetze beachten muss. § 37 I verlangt also eine vernünftige, sachgemäße und prozessordnungsgemäße Beweiswürdigung.

 

Rn 4

Mit dem Grundsatz der Freiheit der Beweiswürdigung wird zum Ausdruck gebracht, dass der Richter nicht an gesetzliche Beweisregeln gebunden ist. Der Richter unterliegt also keinem Zwang, welche Beweismittel er im Rahmen seiner Amtsermittlung und seiner freien Beweiswürdigung heranzieht. Er ist frei, die verschiedenen Beweismittel gegeneinander abzuwägen. Er ist im konkreten Fall nicht an einen bestimmten Beweiswert gebunden. Er darf bei der Würdigung des Anhörungsergebnisses einer Person glauben (BGH FamRZ 18, 280). Auch ein Zeuge vom Hörensagen ist ein zulässiges Beweismittel, das der Richter in seine Würdigung einbeziehen darf (BGH FamRZ 18, 930). Nach dem Wortlaut der Norm ist Ziel der Würdigung die Überzeugung des Gerichts. Die Anforderung an die richterliche Überzeugung, also das sog Beweismaß, ist vom Vorgang der richterlichen Würdigung als solcher zu trennen. Die richterliche Überzeugung verlangt nicht eine absolute persönliche Gewissheit. Mit einer nur überwiegenden Wahrscheinlichkeit darf sich der Richter andererseits nicht begnügen. Er muss vielmehr die volle Überzeugung erlangen, dass die streitige Tatsachenbehauptung für wahr zu erachten ist. Er darf und muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGHZ 53, 245 = NJW 70, 946 – Fall Anastasia).

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