Leitsatz

Für eine von ihr beabsichtigte Unterhaltsklage hatte die Antragstellerin Prozesskostenhilfe beantragt. Ihr Antrag wurde unter Hinweis auf fehlende Bedürftigkeit zurückgewiesen. Die Antragstellerin war Studentin und erzielte lediglich Kapitaleinkünfte i.H.v. 617,50 EUR im Jahr. Aus einer Schmerzensgeldzahlung hatte sie Wertpapiervermögen in einer Größenordnung von ca. 34.000,00 EUR angelegt, das nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts von ihr zur Finanzierung der Prozesskosten einzusetzen war.

Gegen den ablehnenden PKH-Beschluss legte die Antragstellerin Beschwerde ein. Ihr Rechtsmittel hatte Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt das Rechtsmittel für begründet und vertrat die Auffassung, die Antragstellerin sei bedürftig i.S.v. § 115 ZPO.

Sie sei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Prozesskosten zu bestreiten. Abweichend von der Beurteilung in erster Instanz habe ihr Wertpapiervermögen in einer Größenordnung von ca. 34.000,00 EUR außer Betracht zu bleiben. Dessen Verwertung scheitere an den in § 90 Abs. 3 SGB XII genannten Härtegründen, auf welche in § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO verwiesen werde. Danach habe die antragstellende Prozesspartei ihr Vermögen nur einzusetzen, soweit dies zumutbar sei. Eine Zumutbarkeit sei im vorliegenden Fall zu verneinen, weil das Wertpapiervermögen aus einer im Jahre 2004 zugeflossenen Schmerzensgeldzahlung stamme, nachdem die Antragstellerin bei einem Verkehrsunfall erhebliche Verletzungen erlitten hatte.

Schmerzensgeld in seiner ganzen noch vorhandenen Höhe sei geschützt und nicht nur mit einem bestimmten festen oder prozentualen Anteil. Die Höhe des Schmerzensgeldes hänge allein von der Schwere der Schädigung und dem Gewicht des erlittenen Unrechts ab, weshalb es nicht gerechtfertigt sei, die freie Verfügbarkeit des zu deren Ausgleich und Genugtuung erhaltenen Schmerzensgeldes in Teilen einzuschränken.

Diese Wertung habe der BGH für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren im Rahmen des § 90 Abs. 3 SGB XII übernommen (BGH, FamRZ 2006, 548) und ausgeführt, dass beim Schmerzensgeld vor allem die schadensausgleichende Funktion und opferbezogene Merkmale wie Umfang und Dauer der Schmerzen, Entstellungen, Leiden und Eingriffe in das Leben des Opfers im Vordergrund stünden. Es entspreche der Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes, das Leben des Geschädigten in gewissem Umfang zu erleichtern. Dies sei nur dann gewährleistet, wenn das Opfer das Schmerzensgeld zur eigenen freien Verfügung behalten könne und nicht für Prozesskosten oder seinen notwendigen Lebensunterhalt aufwenden müsse.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.06.2007, 18 WF 112/07

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