Leitsatz

In dem Rechtsbeschwerdeverfahren ging es primär um die Frage, ob nach ursprünglicher Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe mit Nachzahlungsvorbehalt die Verfahrenskosten nach erfolgter Vermögensauseinandersetzung und Zufluss eines erheblichen Betrages an den Antragsteller der Prozesskostenhilfe von der Staatskasse nachgefordert werden können.

 

Sachverhalt

In dem Ehescheidungsverfahren war der Ehefrau unter Berücksichtigung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ratenfreie Prozesskostenhilfe mit Nachzahlungsvorbehalt bewilligt worden. Im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung gab sie ihren Miteigentumsanteil an dem früher als Ehewohnung genutzten Hausgrundstück auf und erhielt hierfür von dem Ehemann einen Betrag i.H.v. ca. 56.000,00 EUR. Mit diesem Erlös, einem neu von ihr aufgenommenen Bankkredit i.H.v. 142.000,00 EUR und einem weiteren Darlehen ihres Vaters i.H.v. 55.000,00 EUR erwarb die Ehefrau sodann eine neue Immobilie zum Kaufpreis von 238.000,00 EUR, in der sie mit den drei gemeinsamen Kindern der Parteien lebte.

Mit Beschluss vom 25.1.2007 ordnete das AG die Zahlung der auf sie entfallenden Prozesskosten i.H.v. 4.781,11 EUR an die Landeskasse an. Hiergegen hat die Ehefrau sofortige Beschwerde eingelegt, die vom OLG zurückgewiesen wurde. Hiergegen richtete sich die - zugelassene - Rechtsbeschwerde.

 

Entscheidung

Der BGH folgte der Auffassung der Vorinstanzen und bejahte die Zulässigkeit der Nachforderung gem. § 120 Abs. 4 ZPO. Im Rahmen einer Änderungsentscheidung nach dieser Vorschrift könne einer Partei Vermögen zugerechnet werden, das sie inzwischen erworben, in Kenntnis der Abänderungsmöglichkeit jedoch wieder ausgegeben habe. Hiermit habe die Partei ihre zeitweilig entfallende Leistungsunfähigkeit böswillig wieder herbeigeführt.

Dies gelte wegen der im Gesetz normierten Möglichkeit zur Änderung einer Prozesskostenhilfeentscheidung innerhalb der folgenden vier Jahre generell und sei nicht vom Zugang einer entsprechenden Verfügung des Gerichts abhängig.

Eine Partei müsse auch schon vor Einleitung des Verfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO mit der Verpflichtung zum Einsatz neu erlangten Vermögens für die Prozesskosten rechnen. Nur wenn schon berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten vorhanden gewesen seien, als der Rechtsstreit absehbar wurde, dürfe ein Vermögenszufluss vorrangig zum Abtrag dieser Verbindlichkeiten verwendet werden und führe erst im Übrigen zu einem für die Prozesskosten einzusetzenden Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO.

Der Nachforderung der Prozesskosten stehe nicht entgegen, dass das nunmehr von der Partei erworbene Haus wiederum ein privilegiertes angemessenes Hausgrundstück i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII sei. Der Sinn der Privilegierung liege darin, der bedürftigen Partei den Lebensmittelpunkt ihres bisherigen sozialen Lebens zu erhalten. Sie solle davor bewahrt werden, ein vorhandenes privilegiertes Eigenheim zur Finanzierung der Verfahrenskosten veräußern zu müssen. Dieser Normzweck entfalle, wenn die Partei inzwischen Geldbeträge erlangt habe. Im Übrigen sei nicht einsichtig, weswegen eine Partei nicht auch noch Verfahrenskosten von ca. 5.000,00 EUR finanzieren könne, wenn sie andererseits fast 200.000,00 EUR zum Erwerb eines Hauses einzusetzen in der Lage gewesen sei.

 

Hinweis

Der BGH hat mit dieser Entscheidung die schon in seinem Beschluss vom 18.7.2007 (Geschäftszeichen XII ZA 11/07 in FamRZ 2007, 1720 = FamRB 2007, 332) aufgestellten Grundsätze konsequent fortgesetzt. In dem vorangegangenen Verfahren hatte eine Partei Vermögenswerte aus einem Bausparvertrag anderweitig eingesetzt. Die nunmehr vom BGH getroffene Entscheidung überträgt diese Überlegung auch auf Fälle, in denen Geld aus einem vormalig geschützten Vermögen angelegt wird, um Vermögen zu erwerben, das i.S.v. § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII privilegiert ist. In der Praxis sollten Mandanten bei Beantragung von Prozesskostenhilfe auf den Nachzahlungsvorbehalt hingewiesen werden, um spätere böse und kostenintensive Überraschungen zu vermeiden.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss vom 31.10.2007, XII ZB 55/07

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