Leitsatz

Im Rahmen eines Verfahrens zum Trennungsunterhalt ging es primär um die Frage, ob und in welchem Umfang der Ehefrau nach der Trennung der Parteien ein fiktives Einkommen aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit zuzurechnen ist. Ferner ging es um die Höhe des Wohnvorteils für das mietfreie Wohnen im eigenen Haus.

 

Sachverhalt

Fast 20 Jahre miteinander verheiratete Eheleute lebten seit Ende 2002 voneinander getrennt. Aus ihrer Ehe war ein Kind hervorgegangen. Zum Zeitpunkt der Trennung war die Ehefrau 53 Jahre alt.

Ihrem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihr beabsichtigte Klage auf Zahlung von Trennungsunterhalt wurde nur teilweise stattgegeben. Das erstinstanzliche Gericht hatte insoweit die Auffassung vertreten, ihr sei ein Einkommen aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit von 1.500,00 EUR fiktiv zuzurechnen. Ferner hatte es aufseiten des Ehemannes einen Wohnvorteil für das mietfreie Wohnen im eigenen Haus von 900,00 EUR berücksichtigt, der von der Ehefrau in der Klageschrift mit 1.775,00 EUR aufseiten des Ehemannes angesetzt worden war.

Gegen den teilweise PKH versagenden Beschluss des erstinstanzlichen Gerichts legte die Ehefrau Beschwerde ein, die nicht erfolgreich war.

 

Entscheidung

Anders als das erstinstanzliche Gericht ging das OLG davon aus, dass der Klägerin bei der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht durchgängig ein Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit von 1.500,00 EUR monatlich fiktiv zugerechnet werden könne. Der nicht erwerbstätige Ehegatte könne gem. § 1361 Abs. 2 BGB im Rahmen des Trennungsunterhalts nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden könne. Den zum Zeitpunkt der Trennung längere Zeit nicht erwerbstätig gewesenen Ehegatten treffe in der Regel im ersten Trennungsjahr keine Erwerbsobliegenheit. Mit zunehmender Verfestigung der Trennung, insbesondere wenn die Scheidung nur noch eine Frage der Zeit sei, seien allerdings immer mehr die Maßstäbe heranzuziehen, die auch für den nachehelichen Unterhalt gelten. Der zeitliche Beginn einer Erwerbsobliegenheit sei indessen nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (BGH v. 29.11.2000 - XII ZR 212/98, BGHReport 2001, 76 = MDR 2001, 510 = FamRZ 2001, 350 [351]).

Die Pflicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bzw. Ausdehnung einer bereits ausgeübten Erwerbstätigkeit könne insbesondere bei einer langen Ehedauer auch erst für einen späteren Zeitpunkt als nach Vollendung des ersten Trennungsjahres gegeben sein. Im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der Einreichung des Ehescheidungsantrages mehr als 19 Jahre andauernden Ehe bestand nach Auffassung des OLG eine Verpflichtung zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nicht bereits nach Ablauf des ersten Jahres nach der Trennung.

Andererseits sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst ihre bis dahin nur 20 Stunden wöchentlich ausgeübte Teilzeittätigkeit bereits ab August 2003 und damit schon nach rund 7-monatiger Trennung auf 30 Stunden wöchentlich ausweitet hatte. Von diesen tatsächlichen Verhältnissen sei auszugehen.

Für die Zeit nach Ablauf des zweiten Trennungsjahres ab Januar 2005 sei die Klägerin selbst davon ausgegangen, unterhaltsrechtlich zur Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit verpflichtet zu sein. Sie ziehe allerdings hieraus nicht die logische Konsequenz, sich ab Januar 2005 ein Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit zurechnen zu lassen und vertrete die Auffassung, für die Bemessung des Unterhalts seien die Einkommensverhältnisse, wie sie sich aufgrund der wechselseitig erteilten Auskünfte ergeben hätten, maßgeblich. Dies allerdings treffe nicht zu. Maßgeblich für die Bedarfsbemessung und die Berechnung des Trennungsunterhalts seien die gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten in dem Zeitraum, für den Trennungsunterhalt verlangt werde. In der Regel seien dies die wirtschaftlichen Verhältnisse ab Trennung bis zur Rechtskraft der Scheidung. Ausgehend von einem von der Klägerin nachgewiesenen Nettoeinkommen für ihre 30-stündige Tätigkeit in Höhe von 1.346,00 EUR sei unter Berücksichtigung der Steuerprogression ein Ansatz von fiktiv 1.500,00 EUR für eine vollschichtige Tätigkeit von 40 Stunden nicht zu hoch gegriffen. Dieser Betrag könne der Unterhaltsberechnung jedenfalls ab Januar 2005 zugrunde gelegt werden.

Bei den Einkünften des Beklagten sei ein Wohnwertvorteil für das mietfreie Wohnen im eigenen Haus zu berücksichtigen. Dabei sei zunächst der Wohnwert zu bestimmen und sodann die verbrauchsunabhängigen Kosten für das Haus gegenzurechnen. Das erstinstanzliche Gericht war insoweit von einem Wohnwert von 900,00 EUR ausgegangen. Aus seinem Beschluss könne allerdings nicht im Einzelnen nachvollzogen werden, wie dieser Betrag er...

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