Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob die Beantragung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren auf Aufhebung einer Scheinehe mutwillig ist i.S.d. § 114 ZPO.

 

Sachverhalt

Die Parteien schlossen am 7.7.2007 die Ehe. Nach dem Vorbringen der Antragstellerin erfolgte die Eheschließung aus einer Laune heraus wegen des besonderen Datums, ohne dass zuvor zwischen den Parteien Kontakt oder gar eine Freundschaft oder Beziehung bestanden hätte. Eine Eheschließung sei nie ernsthaft beabsichtigt gewesen, sie sei auch nicht vollzogen worden. Die Antragstellerin habe den Antragsgegner nach dem 13.7.2007 nur noch am 15.7.2007 gesehen, als sie ihre persönlichen Sachen aus seiner Wohnung abgeholt habe.

Die Antragstellerin beantragte die Aufhebung der Ehe, hilfsweise deren Scheidung und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hierfür.

Prozesskostenhilfe wurde ihr vom FamG mit der Begründung verweigert, die Kosten für das Ehescheidungsverfahren seien mutwillig herbeigeführt worden, da bereits bei Eingehung der Ehe ersichtlich gewesen sei, dass durch die später notwendige Eheaufhebung Kosten entstehen würden.

Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit der Beschwerde. Das Rechtsmittel war erfolgreich.

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, die Begründung des FamG trage die Verweigerung der Prozesskostenhilfe nicht. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheine nicht als mutwillig i.S.v. § 114 ZPO.

Mutwilligkeit liege dann vor, wenn eine verständige vermögende Partei mit Rücksicht auf die für die Betreibung des Anspruchs bestehenden Aussichten von einer Prozessführung ganz oder teilweise absehen würde. Daran fehle es, wenn eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Einzelfall notwendige Maßnahme beabsichtigt sei. Nach diesem Maßstab sei Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf Aufhebung der Ehe nach § 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB schlüssig vorgetragen.

Der Antrag auf Aufhebung der Ehe stelle auch eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Maßnahme dar. Da auch eine nicht ernst gemeinte Ehe grundsätzlich gültig sei, wie sich aus § 1310 BGB und einem Umkehrschluss aus § 1314 Abs. 1 Nr. 5 BGB ergebe, bedürfe es der Aufhebung der Ehe zur Beseitigung der Ehefolgen. Auch eine verständige, vermögende Partei könne nur mit dem Antrag auf Aufhebung der Ehe die Ehewirkungen beseitigen.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung könne auch nicht aufgrund einer Gesamtschau des Eheaufhebungsantrages in Verbindung mit den Umständen der Eingehung der Ehe als mutwillig angesehen werden. Die - hauptsächlich im Hinblick auf sog. Aufenthaltsehen diskutierte - Frage nach der Mutwilligkeit der Aufhebung von Scheinehen sei umstritten. Das OLG Saarbrücken schloss sich - nach Darlegung der in Literatur und Rechtsprechung vertretenen unterschiedlichen Ansichten - der Auffassung des BGH an, der darauf abstelle, ob sich der Antragsteller selbst bedürftig gemacht habe, etwa indem er eine für die Eingehung der Scheinehe empfangene Gegenleistung nicht für die spätere Scheidung zurückgelegt habe (BGH, Beschl. v. 22.6.2005 - XII ZB 247/03, NJW 2005, 2781-2783; insofern aufrecht erhalten in BGH, Entscheidung v. 21.9.2006 - IX ZB 24/06, WM 2006, 2310-2312).

Das OLG folgte der Auffassung des BGH in dessen Beschluss vom 22.6.2005 (a.a.O.), wonach ein Scheidungsbegehren die einzige Möglichkeit zur Auflösung einer Scheinehe sei, wenn die Rechtsordnung die zu ehefremden Zwecken geschlossene Ehe als wirksam ansehe. Bereits dies spreche dagegen, das Prozesskostenhilfegesuch als rechtsmißbräuchlich anzusehen. Aus diesen Erwägungen ergäben sich zugleich Bedenken gegen die Beurteilung der beabsichtigten Rechtsverfolgung als mutwillig.

 

Link zur Entscheidung

Saarländisches OLG, Beschluss vom 11.11.2008, 9 WF 26/08

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