Leitsatz

Wenn der Projektleiter einer Zeitarbeitsfirma für gefährliche Arbeiten gänzlich unerfahrene Arbeitnehmer einsetzt, riskiert er, bei einem Unfall alleine für sämtliche Schäden zu haften.

 

Sachverhalt

Leiharbeitsunternehmen füllen die personellen Lücken, die in anderen Unternehmen bestehen. Schwierig wird es, wenn sich später herausstellt, dass die leihweise zur Verfügung gestellten Hilfskräfte nicht das erforderliche Wissen für die Aufgabe hatte. Das OLG Oldenburg hat Haftungsgrundsätze für den Fall formuliert, dass es wegen fehlender Kenntnisse eines eingesetzten Leiharbeitnehmers zu Schäden kommt.

Eine Zeitarbeitsfirma hatte den Auftrag bekommen, auf einem Abrissgrundstück Bäume zu fällen. Der zuständige Projektleiter, ein Gas- und Wasserinstallateur und Heizungsbauer, hatte hierzu zwei kürzlich eingestellte junge Leiharbeitnehmer eingeteilt, die jedoch keinerlei Erfahrung mit Holzfällerarbeiten hatten. Nachdem der Projektleiter die beiden angewiesen hatte, vor dem Fällen eines ca. 9 m hohen und 30 cm dicken Baums zwischen einer Schornsteinruine und dem Stamm einen Seilzug zu spannen, verließ er das Grundstück und überließ die beiden Arbeiter sich selbst. Während die Mitarbeiter weisungsgemäß das Seil spannten, stürzte der marode Schornstein auf sie herab. Der eine Leiharbeitnehmer ist wegen schwerer Knochenbrüche seither in seiner Erwerbsfähigkeit dauerhaft zu 20 % eingeschränkt. Der andere ist querschnittsgelähmt und dauerhaft erwerbsunfähig.

Der für diesen Arbeitsunfall einstandspflichtige gesetzliche Unfallversicherungsträger nahm das Leiharbeitsunternehmen und den Projektleiter in Regress. Das LG wies die Klage gegen die Zeitarbeitsfirma ab, stellte jedoch fest, dass der Projektleiter für die aus dem Unfall resultierenden Aufwendungen der Geschädigten haftet. Das OLG bestätigte dieses Urteil. Im Verhalten des Projektleiters sahen die Gerichte eine grobe Fahrlässigkeit. Weder er noch die von ihm beauftragten Leiharbeitnehmer seien aufgrund ihrer Ausbildung und bisher gesammelten Erfahrungen für die gefahrenträchtige Tätigkeit des Bäumefällens qualifiziert gewesen. Er hätte daher den gefährlichen Auftrag nicht annehmen, ihn jedenfalls aber nicht in eigener Verantwortung ohne Hinzuziehung fachkundiger Personen durchführen dürfen.

Ein Mitverschulden der beiden Leiharbeitnehmer schlossen die Gerichte aus. Es sei grundsätzlich die Aufgabe des Vorgesetzten auf die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften zu achten und für die Sicherheit der Arbeitnehmer zu sorgen. Von den Beschäftigten kann nicht verlangt werden, stets die Arbeit einzustellen, sobald sie ihre Tätigkeit für zu gefährlich halten.

 

Link zur Entscheidung

OLG Oldenburg, Urteil v. 24.2.2011, 1 U 33/10.

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