Rz. 126

Die rechtliche Stellung der Gesellschaft im IPR ist ausführlich und seit Bestehen des CSC, also seit dem Jahr 1986, weitsichtig in Art. 3 CSC geregelt. Handelsgesellschaften haben als Personalstatut das Recht des Staates, in dem sich der hauptsächliche und effektive Sitz ihrer Verwaltung befindet. Eine Gesellschaft, die nur ihren statutarischen Sitz in Portugal hat, kann jedoch Dritten nicht verwehren, sie einem anderen als dem portugiesischen Recht zu unterwerfen. Auch wenn Portugal den Grundsätzen der "Sitztheorie" folgt,[176] muss deutlich gesagt werden, dass in Portugal die "Sitztheorie" – anders als die bisherige deutsche Rspr. – moderat und grundsätzlich sitzverlegungsfreundlich angewendet wird. So führt das Auseinanderfallen von statutarischem und faktischem Gesellschaftssitz nicht zu einer Auflösung der Gesellschaft.[177] Die Gesellschaft muss allenfalls damit rechnen, dass auf sie auch ausländisches Recht angewendet wird.

 

Rz. 127

Eine Gesellschaft, die ihren effektiven Sitz nach Portugal verlegt, behält ihre Rechtspersönlichkeit, wenn das Recht, nach dem sie sich bisher gerichtet hat, dies zulässt. Sie muss ihren Gesellschaftsvertrag jedoch an das portugiesische Recht anpassen. Dazu erklärt ein Vertreter der Gesellschaft in Portugal i.R.d. öffentlichen Beurkundung die Verlegung des Sitzes und gibt den an das portugiesische Recht angepassten Gesellschaftsvertrag bekannt. Auf die Anpassung an das nationale Recht finden die Vorschriften über die Registrierung und Veröffentlichung von in Portugal beurkundeten Gesellschaftsverträgen Anwendung. Wegen bewusster steuerlicher Diskriminierung von Offshore-Gesellschaften,[178] die in Portugal Grundstücke halten, haben in den letzten Jahren derartige Gesellschaften ihren Sitz z.B. aus Gibraltar, Jersey und Isle of Man nach Portugal verlegt. Die Sitzverlegung von ausländischen Gesellschaften nach Portugal unter Anpassung der Statuten an das portugiesische Recht ist keine Besonderheit.

 

Rz. 128

Eine Gesellschaft, die ihren effektiven Sitz in Portugal hat, kann diesen in ein anderes Land unter Beibehaltung ihrer Rechtspersönlichkeit verlegen, wenn das Recht des anderen Landes dies zulässt. Der Beschluss der Sitzverlegung hat die Formvorschriften für die Änderung des Gesellschaftsvertrags zu befolgen und darf in keinem Fall mit weniger Stimmen gefasst werden als denjenigen, die 75 % des Gesellschaftskapitals entsprechen. Gesellschafter, die nicht zugunsten dieses Beschlusses gestimmt haben, können aus der Gesellschaft ausscheiden, wobei sie dieser ihre Entscheidung innerhalb von 60 Tagen ab Veröffentlichung des genannten Beschlusses mitzuteilen haben.

 

Rz. 129

Grenzüberschreitende Verschmelzungen ("fusões transfronteiriças") sind in Art. 117-A bis 117-L CSC geregelt. Durch das Gesetz Nr. 19/2009 (Art. 28) wurden die Vorschriften der entsprechenden EU-Richtlinie 2005/56/EG in den CSC integriert. Die grenzüberschreitenden Verschmelzungen unterliegen hinsichtlich ihrer Form, Registrierung und der Veröffentlichung den Vorschriften einer inländischen Verschmelzung ("fusão interna", vgl. Art. 117-E CSC). Mit der Eintragung der grenzüberschreitenden Verschmelzung in das nationale Handelsregister wirken die in Art. 112 CSC geregelten Rechtsfolgen (vgl. Art. 117-H CSC), nämlich: (a) es erlöschen die inkorporierte Gesellschaft oder im Fall der Gründung einer neuen Gesellschaft alle verschmolzenen Gesellschaften; Rechte und Verpflichtungen werden auf die inkorporierende Gesellschaft übertragen oder auf die neue Gesellschaft und (b) die Gesellschafter der erloschenen Gesellschafter werden Gesellschafter der inkorporierenden Gesellschaft oder der neuen Gesellschaft. Die Registrierung im Fall einer nationalen (internen) Fusion bei der inkorporierenden Gesellschaft oder die Registrierung der neuen Einheit als Resultat der internen Fusion führt dazu, dass von Amts wegen die Fusion bei den inkorporierten Einheiten oder bei den in der neuen Gesellschaft aufgegangenen Gesellschaften registriert wird. Im Fall der grenzüberschreitenden Fusion wird diese Vorgehensweise auf die an der Fusion beteiligten Gesellschaften, die den Sitz in Portugal haben, angewendet. Das Handelsregister, das die Registrierung der grenzüberschreitenden Verschmelzung vornimmt, teilt die entsprechenden Tatsachen und den Beginn der Wirkungen der Verschmelzung den zuständigen Registern innerhalb der EU mit. Der Erhalt der Mitteilung des Beginns der Wirkungen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung seitens eines innerhalb der EU-Mitgliedstaaten befindlichen Handelsregisters hat zur Folge, dass von Amts wegen die grenzüberschreitende Fusion bei den daran beteiligten Gesellschaften, deren Sitz sich in Portugal befindet, registriert wird.[179]

[176] Vgl. Schaub, NZG 2000, 953; Freitag, EuZW 1999, 268.
[177] Anders aber bis heute im deutschen Recht, wo nach h.M. der Beschluss der Verlegung des Satzungssitzes – unzulässigerweise – in einen Auflösungsbeschluss umgedeutet wird; vgl. dazu Stieb, GmbHR 2004, 492 f.; vgl....

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